Landeskirche möchte weiterhin Trauerfeiern anlässlich der Tode von Soldaten und Soldatinnen in den Kirchen mit politischem Rahmen ausgestalten und Hausrecht an die Bundeswehr abgeben.
Ende Mai bzw. Anfang Juni haben wir an dieser Stelle ein Rundschreiben der evangelischen Landeskirche Hannover veröffentlicht und Stellung bezogen.
Die Kirchenleitung fordert in ihrem Schreiben alle Gemeinden auf, im Falle von Beerdigungen von im Dienst getöteten SoldatInnen, die Gestaltung von Trauergottesdiensten samt Hausrecht des geschützten Raums der Kirche an das Bundesverteidigungsministerium respektive die Bundeswehr zu übertragen.
Wir sind darüber sprach- und fassungslos, weil wir das Hausrecht der Kirchen in ihren eigenen Gotteshäusern für elementar halten, das sie u.E. nicht aus ihren eigenen Händen geben dürfen. Einen Grund für unsere Haltung sehen wir u.a. darin, dass Flüchtlinge oder andere benachteiligte und gefährdete Gruppen in dieser Zeit den ihnen so lebensnotwendigen Schutz nicht erhalten könnten.
Die – wenn auch nur impliziert ausgesprochene – Weisung wurde presseöffentlich und fand in einigen Zeitungen bundesweit kritische Resonanz.
Offensichtlich aus diesem Grunde hat der „Geistliche Vizepräsident“ der Landeskirche Hannover nun mit Datum vom 17. Juni 2013 ein weiteres Schreiben an die Kirchenvorstände und Pfarrämter der hiesigen Kirchengemeinden gerichtet, das wir hiermit der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Es habe „weitere Gespräche mit dem Bundesverteidigungsministerium“ gegeben, so heißt es darin und angeblich „widersprüchliche Pressemeldungen“ seien „nicht abschließend rechtlich geklärter“ Fragen zur Kirchen-Hausrecht-Übertragung geschuldet gewesen.
Was in diesem neuen Gemeindebrief auf den allerersten Blick als ein Zurückrudern der Kirchenführung aussieht, erscheint uns dann allerdings bei genauerem Hinsehen als eine Zementierung der im vorigen, umstrittenen Rundschreiben angekündigten Praxisempfehlung.
So heißt es im neuen Anschreiben unter anderem:
„Die evangelische Militärseelsorge empfiehlt jetzt, dass Kirchengemeinden im Falle geplanter Zentraler Trauerfeiern schriftliche Vereinbarungen mit der Bundeswehr treffen sollten und steht für Beratung in einer solchen Situation zur Verfügung. Das kann so aussehen, dass auch ohne eine Übertragung des Hausrechtes Absprachen getroffen werden, wie die Ausübung des Hausrechtes geregelt wird, den Sicherheitsanforderungen Genüge getan wird, zugleich aber auch die Interessen der Kirchengemeinde berücksichtigt werden.“
Das wäre, was die Praxis beträfe, nichts anderes, als das zuvor angekündigte: Die Herrschaft militärischer Kräfte im Kirchenhaus und die Definitionsgewalt darüber, wer als „Störer“ gilt und wer nicht und dieses Vorhaben bereitet uns Sorgen, weil wir das Hausrecht sicher in kirchlichen Händen wissen möchten.
Die Landeskirche konkretisiert sogar weiter:
„Bei der Trauerfeier wird zwischen einem kirchlichen Gottesdienst und einem staatlichen Akt deutlich unterschieden, auch wenn beide Feiern nacheinander in der Kirche stattfinden. Die inhaltliche und liturgische Verantwortung für den Gottesdienst liegt bei der evangelischen und der katholischen Militärseelsorge, in Abstimmung mit dem örtlichen Pfarramt. Eine Einflussnahme staatlicher Stellen auf Form und Inhalt des Gottesdienstes ist ausgeschlossen.“
Und fortfahrend:
„An der zeitlichen und örtlichen Verbindung der beiden Feiern möchten wir festhalten, denn zwei Trauerfeiern an verschiedenen Orten ist den Angehörigen nicht zuzumuten. Das haben Gespräche in der Vorbereitung bisheriger Trauerfeiern deutlich ergeben.“
Die Pfarrer, Pastoren und Pastorinnen der Militärseelsorge sind vom Bundesverteidigungsministerium auf Zeit verbeamtete und von dort bezahlte Geistliche – diese Menschen sollen nun also bestimmen, auf welche Art und Weise ein Mensch zur letzten Ruhe begleitet wird? Und dann meint die Kirchenleitung auch noch am besten zu wissen, was für die trauernden Freunde und Verwandte des/der Toten am besten wäre?
Wir verspüren in uns Widerstand, wenn wir vernehmen, das Militärgeistliche zukünftig eine Trauerfeier von Gefallenen gestalten sollen. Hat doch gerade Deutschland mit der Verbindung von Staat und Kirche negative Erfahrungen gemacht.
Wir finden dafür keine passenden Worte!
Wir möchten daher:
– dass auch ein im Dienst getöteter Soldat bzw. eine im Dienst getötete Soldatin wie ein Mensch, wie jeder andere Mensch gesehen wird. Uns ist es wichtig, dass die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsministerium sich aus Trauerfeiern heraushalten. Denn nach dem Sterben ist ein Mensch ein Mensch und kein Soldat oder Soldatin mehr!
– dass eine Beerdigung weder zu politischen noch zu ideologischen Zwecken eingesetzt, aus unserer Sicht missbraucht wird.
– dass die Bundeswehr eine finanzielle Unterstützung der Trauerfeier nicht davon abhängig macht, ob sie diese gestalten und damit instrumentalisieren darf oder nicht.
– dass die Kirche einen unabhängigen Dienst am Menschen vollzieht.Deshalb ist es uns wichtig, dass sie nicht weiter vom Geld des Militärs bezahlte Geistliche die Soldaten beim Dienst mit der Waffe und im Krieg in deren Einsätzen unterstützen.
Wir unterstützen die Forderung der ökumenischen Initiative zur Abschaffung der Militärseelsorge.
Wir bitten die Bundeswehr, den Irrweg von immer mehr Auslandseinsätzen im Sinne „der Sicherung freier Handelswege“ oder mit der Scheinbegründung des „Kampfes gegen den Terror“ aufzugeben. Denn noch immer gilt die Devise:
Nie wieder Krieg mit deutscher Beteiligung!
Disclaimer:
Dieser Text ist von einigen Menschen aus dem Friedensbüro Hannover verfasst worden. Die Gesamtheit des Friedensbüros versteht sich jedoch als Gruppe jenseits irgendwelcher Zuordnungen von Konfessionen oder Glaubensfragen.