Friedensnewsletter Hannover Juni 2016
Was den Krieg so absurd und monströs macht, ist, dass Männer die keinen persönlichen Streit haben, geschult werden sollen, einander kaltblütig zu ermorden.
Aldous Huxley (1894-1963)
Liebe Friedensfreundinnen und –freunde,
die Bundeswehr versucht vielfältig sich ein besseres Image zu geben und von der Haupttätigkeit des Soldatenberufes abzulenken und diesen zu verklären. Bereits zum zweiten Mal wurde ein bundesweiter Tag der Bundeswehr gefeiert. Selbsterklärtes Ziel ist für sich als „normale Arbeitgeberin“ zu werben und Militär zum selbstverständlichen Bestandteil von Politik zu etablieren. Das ging diesmal gründlich daneben. Bilder von Kindern mit Waffen in den Händen sorgten für ausreichend Empörung. Wir dokumentieren die Informationen er DFG-VK dazu, die den Stein ins Rollen gebracht hat. Zudem waren wir auch selber aktiv. In Bückeburg warben wir für zivile Alternativen und mussten einiges über das Demokratieverständnis des Militärs erfahren. Kaum aufgefallen ist, das das THW ganz im Sinne einer zivil-militärischen Zusammenarbeit die Parkplätze für die Bundeswehr organisierte und betrieb. Gegen die zivil-militärische Zusammenarbeit arbeitet die Friedensbewegung schon seit Jahren, den nur bei einer Unabhängigkeit ziviler Hilfsdienste lässt sich auch helfen. Das Deutsche Rote Kreuz hat nun aufgrund einer entsprechenden Kampagne der DFG-VK nicht die Diskussion, sondern ihre Anwälte gesucht. Auch dazu hier mehr. Am 22.Juni ist es 75 Jahre her, das die Wehrmacht die Sowjetunion angriff. Dazu gibt es einen Veranstaltungshinweis und einen kurzen Text. Erinnern und Gedenken ist für eine nachhaltige Friedensarbeit unverzichtbar. Daher haben Friedensbüro und DFG-VK einen Historiker beauftragt, weitergehende Unterlagen zu Deserteuren in und aus Hannover zu recherchieren. Im Herbst wird es dazu erste Ergebnisse geben. Demnächst dazu mehr. Die Themen im Einzelnen
- Termine
- Tag der Bundeswehr
- Spontan-Demo gegen Wehretaterhöhung
- Aufruf zum Flaggentag
- 75 Jahre Angriff auf die Sowjetunion
- Rotes Kreuz geht mit Anwälten gegen Friedensgesellschaft vor
zur layouteten Version
PS: Aufgrund der aktuellen Informationen zum Tag der Bundeswehr konnten diesmal nicht alle geplanten Beiträge in den Newsletter aufgenommen werden. Diese werden beim nächsten Mal nachgereicht.
Termine:
Fr, 24.6. um 19 Uhr im Café K, Haltestelle Nieschlagstr., Friedenspolitischer Stammtisch
Di, 5.7. um 19 Uhr im Pavillon Friedenspolitscher AK, Thema: Flaggentag: atomwaffenfrei jetzt, v.a. Abzug der Atomwaffen aus Büchel
12.7. 19 Uhr, Kargah, Aktiventreffen der DFG-VK
Spontan-Demo gegen Wehretat-Erhöhung
Am 20.5 haben sich Mitglieder des Friedensbüros spontan entschlossen, eine Protest-Demonstration in der Innenstadt durchzuführen.
Die Pläne von Ministerin von der Leyen und der Beschluss der Regierung, den Bundeswehretat von derzeit 34,3 auf 39,2 Mrd € heraufzusetzen, empören uns. Wir haben mit Flugblättern und mit großen Bannern darauf hingewiesen, dass das Geld, welches in die Ausrüstung und personelle Aufstockung der Bundeswehr investiert werden soll, dringend für andere Zwecke gebraucht wird. Wie die Medien in den letzten Wochen ausführlich berichtet haben, ist die Sicherheit der Menschen hier im Land akut bedroht durch Altersarmut, sowie gefährliche Sparpolitik im Gesundheits- und Pflegewesen. Geld fehlt auch – unter anderem, im Bereich der Bildung, bei der Förderung junger Menschen ohne Hauptschulabschluss. Hier zu sparen, fördert Kriminalität und Radikalisierung insbesondere bei Jugendlichen mit rechtsradikalem und Migrationshintergrund. Wir fordern von der Regierung nicht nur einen anderen Einsatz der Steuergelder, sondern auch eine andere Außenpolitik. Die Sicherheit der Bürger wird nicht durch militärische Einsätze in Krisengebieten und verbesserte waffentechnische Aufrüstung der Truppe gewährleistet. Vielmehr wird das militärische Engagement Deutschlands in der Zukunft weitere Unsummen verschlingen. Es wird die Kriege ausweiten und uns neue Feinde schaffen. Es wird nirgendwo Frieden herstellen, aber die Zahl der Todesopfer und flüchtenden Menschen erhöhen.
Wir fordern daher: 39 Mrd mehr für Bildung und Soziales – NICHT für die Bundeswehr!
Werben fürs Militär – Protest in Bückeburg
von Ralf Buchterkirchen
Am heutigen 11.6. veranstalte die Bundeswehr ihren zweiten „Tag der Bundeswehr“, unter anderem auch im niedersächsischen Bückeburg. Was ein bisschen an den „Tag der NVA“ erinnert, hat den gleichen Hintergrund: Verbesserung der Akzeptanz gegenüber dem Militär und militärischer Konfliktlösung in der Bevölkerung, Werben für das Erlernen des Tötens als Beruf, Darstellung der Bundeswehr als vermeintlich „normale“ Arbeitgeberin und nicht zuletzt – Bindung an die regionale Politik und Gesellschaft.
Und so kamen auch einige Tausend in von der Bundeswehr gecharterten Bussen und wollten die Militärtechnik der Bundeswehr bestaunen. (Offensichtlich hatte die Bundeswehr aber mit einem deutlich größeren Ansturm gerechnet, so sah man auf dem Rückweg eine über einen Kilometer lange Busspur mit leeren Bussen in Warteposition.) Wie gehabt: Die Bundeswehr setzte auf Technikbegeisterung als Werbeelement, nicht etwa auf kritische Diskussionsveranstaltungen oder Berichte von traumatisierten Soldat_innen und Zivilist_innen. Da Publikum war bunt gemischt. Am stärksten waren Seniorinnen und Senioren vertreten, aber auch junge Familien mit Kind waren häufig.
Auch wir Friedensaktivist_innen waren da. Anders als in Hannover im letzten Jahr genehmigte uns die Ordnungsbehörde einen Stand direkt vor der Kaserne.
Schnell wurden wir unsere Materialien los, es hätten gut und gerne auch deutlich mehr sein können. In kurzer Zeit wurden so über 2.500 verschiedenste Flyer verteilt. Von stumpfer Ablehnung bis zu freudiger Zutimmung waren alle Reaktionen vertreten.
Etwas dünnhäutig war das Militär selber. Offiziell mussten sie sich mit uns arrangieren, ein verächtliches „Das so etwas [gemeint waren wir] hier sein darf…“ konnten sich einige der Militaristen dann doch nicht verkneifen – geschenkt. Viel bedeutsamer waren zwei andere Reaktionen. Vereinzelt wurde uns berichtet, dass die Bundeswehr am Einlass, während der Taschenkontrolle, auch unsere Materialien mit entfernt hat. Außerdem hat sie allen Kindern den Luftballon, den sie gerade von uns bekommen haben (Luft kein Helium!), weggenommen und vor ihren Augen zerstört. Begründet wurde dies mit Sicherheitsbedenken, einem Argument, das die Polizei im persönlichen Gespräch als „eher vorgeschoben“ bezeichnete, was auch angesichts der extrem hohen Sicherheitsabstände nachvollziehbar ist. Selbst wenn das Argument der Sicherheit gelten würde, so haben die Militärs trotzdem nicht das Recht, das Eigentum der Kinder zu zerstören, sie dürften es maximal aufbewahren. Aber zerstören konnte Militär ja schon immer gut.
Der „Tag der Bundeswehr“ wird immer martialischer und mit einseitiger Technikdarstellung präsenter. Keine Rede ist von den von Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan getöteten Zivilist_innen, keine Rede ist von Traumatisierungen, keine Rede ist davon, dass auch im letzten Jahr wieder dutzende Offiziere den (schwierigen) Weg der „Kriegsdienstverweigerung aus dem Dienst heraus“ gegangen sind. Für die Friedensbewegung wird es ein zunehmend wichtiger Tag für Protest – wie sich auch in diesem Jahr bundesweit zeigte. Auch wenn ich mir dafür andere Anlässe wünschen würde – das ist für Friedensarbeit ein guter und wichtiger Ansatz. Protestieren wir also auch im nächsten Jahr wieder – und immer -, wenn die Bundeswehr zum Werben fürs Sterben einlädt.
Grenze überschritten: Bundeswehr ließ Kinder an Handfeuerwaffen
Gemeinsame PM der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und dem Netzwerk Friedenskooperative, Stuttgart den 13. Juni 2016
Fotoaufnahmen beweisen: Beim neuerlichen „Tag der Bundeswehr“ durften schon Kleinkinder mit Maschinenpistolen und Gewehre hantieren – das verstößt sogar gegen Richtlinien des Verteidigungsministeriums. Friedensaktivisten und Kinderrechtler sprechen von einem Skandal.
Für die Streitkräfte war es das Werbeevent des Jahres: Am 11. Juni 2016 fand an 16 Standorten der großangelegte „Tag der Bundeswehr“ statt. In Kasernen und Innenstädten präsentierte sich die Armee und warb um Zustimmung und neuen Nachwuchs. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Bundeswehr dabei Grenzen überschritten. Auf Fotos vom „Tag der Bundeswehr“ im baden-württembergischen Stetten sind Vorschulkinder mit Handfeuerwaffen zu sehen: Ein Kind bestaunt ein Scharfschützengewehr vom Typ „G28“, ein anderes hat eins der umstrittenen „G36“-Gewehre in der Hand. Weitere Bilder zeigen ein Kind mit einer „P8“-Pistole und die Einweisung eines Kinds an einer Maschinenpistole vom Typ „MP7“ – alles Waffen des Herstellers „Heckler & Koch“.
Dabei verbietet es ein für Soldaten bindender Erlass (siehe hier Seite 26 zu Punkt 9.8) des Bundesministeriums der Verteidigung seit 2011 bei Armee-Veranstaltungen Personen unter 18 Jahren an Handfeuerwaffen zu lassen: „Es ist erschrecknd, dass zur Nachwuchswerbung selbst die eigenen Richtlinien außer Acht gelassen werden“, so Roland Blach von der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) – Mitglieder der Organisation haben die Fotos aufgenommen. Überrascht ist Blach von dem Vorfall aber nicht: „Die Bundeswehr spricht junge Menschen heute gezielt wegen ihrer Technikbegeisterung mit Waffen an“, so der Friedensaktivist. Im Gegensatz zum Hantieren mit Kleinwaffen erlaube es das Verteidigungsministerium sogar, dass Kinder in Panzer, Kampfjets oder anderes militärisches Großgerät steigen.
Dieser neue Skandal heizt die Debatte über den Umgang der Armee mit Kindern und Jugendlichen wieder an. Seit Jahren kritisieren Kinderrechtler und Friedensaktivisten, dass die Bundeswehr jährlich über 1.300 Minderjährige an der Waffe ausbildet. Ralf Willinger vom Kinderhilfswerk „terre des hommes“ bezeichnet das Verhalten der Bundeswehr als „inakzeptabel“: „Wir werden den Vorfall dokumentieren und an den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes weitergeben. Dieser UN-Ausschuss hat Deutschland schon 2014 aufgefordert, die Rekrutierung Minderjähriger einzustellen und Militärwerbung, die auf Kinder und Jugendliche abzielt, zu verbieten“, so der Kinderrechtler. Willinger fordert die Bundesregierung auf, die Forderung der Vereinten Nationen endlich umzusetzen. Die Bundeswehr sei nur noch eine von wenigen Armeen weltweit, die Unter-18-Jährige bei sich aufnehme. „Zudem sollte das Verteidigungsministerium Konsequenzen gegen die Verantwortlichen für die Vorfälle in Stetten einleiten, die gegen den Ministeriumserlass von 2011 verstoßen haben“, so der Kinderrechtler von „terre des hommes.
Beim neuerlichen „Tag der Bundeswehr“ stand die Rekrutierung von Kindern und Jugendlichen durch die Armee besonders im Fokus der Proteste, wie Marvin Mendyka berichtet. Er ist beim „Netzwerk Friedenskooperative“ aktiv, welches die Gegenaktionen an dem Armee-Werbetag gemeinsam mit der DFG-VK und weiteren Friedens-Organisationen koordiniert hat. „Wir fordern nicht nur die Abschaffung des ‚Tags der Bundeswehr‘, der reine Propaganda ist, sondern von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch ein Ende der Rekrutierung von 17-Jährigen“, so der junge Friedensaktivist. Mendyka und andere Aktivisten haben bei ihren Aktionen daher auch Unterschriften für die seit Februar laufende Kampagne „Unter 18 nie“ gesammelt, die auch online auf www.unter18nie.de unterzeichnet werden kann: „Der neue Skandal um Kinder an Handfeuerwaffen zeigt, wie nötig es ist, das Thema anzugehen.“ Mendyka, Willinger und Blach sind gespannt, was das Verteidigungsministerium und die Bundeswehr zu den Vorwürfen sagen.
Verteidigungsministerium versucht weiteres PR-Desaster abzuwenden
Gemeinsame Pressemitteilung der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ und des „Netzwerk Friedenskooperative“, Bonn den 14. Juni 2016
Augenzeugen widersprechen Darstellung der Bundeswehr zu Ereignissen in Stetten
Nachdem am „Tag der Bundeswehr“ Soldaten Gewehre und Pistolen in die Hände von Kindern gegeben haben (siehe unsere PM vom 13. Juni 2016), begrüßen das „Netzwerk Friedenskooperative“ und die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) die schnelle Entscheidung der Verteidigungsministerin von der Leyen, die Präsentation von Handwaffen am „Tag der Bundeswehr“ zum Anfassen zu verbieten. Allerdings schreiben dies die „Richtlinien für die Durchführung der Informationsarbeit der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2011 bereits so vor. Augenzeugen widersprechen jedoch der Darstellung des Standortältesten der betreffenden Bundeswehr-Kaserne in Stetten am kalten Markt, die Waffen seien am 11. Juni 2016 nicht von Soldaten in die Hände der Kinder gegeben worden. Des Weiteren fordern die Friedensorganisationen, das Rekrutierungsalter von 17 auf 18 Jahre zu erhöhen und auf Waffenschauen wie dem „Tag der Bundeswehr“ zukünftig zu verzichten!
Die Friedensgruppen betonen, dass Bundeswehrsoldaten die Waffen den Kindern selber in die Hand gegeben haben. Hierfür gibt es mehrere Augenzeugen. „Die Aussage des Standortältesten, die Waffen seien von anderen Erwachsenen den Kindern in die Hand gegeben worden und die Soldaten hätten ihnen diese dann schnell wieder abgenommen, ist eine platte Lüge! Damit wollen die Bundeswehr und das Verteidigungsministerium einem noch größeren PR-Desaster aus dem Weg gehen“, erklärt Roland Blach von der DFG-VK: „Wir haben mehrere Augenzeugen, die diese Version der Bundeswehr klar widerlegen. Auch die Bilder sprechen eine andere Sprache“.
Die Reaktion der Bundeswehr auf die Zurschaustellung der Handwaffen und die öffentliche Debatte ist ein erster Erfolg für die Friedensbewegung. Jedoch wirft die Debatte die Frage auf, warum konsequenterweise nicht auch andere Waffen wie Panzer vom Verbot betroffen sind. „Wenn Handfeuerwaffen nicht mehr von Kindern angefasst werden dürfen, muss auch mit allen anderen Waffen, z.B. Panzern, so umgegangen werden. Überhaupt sollte man die Zurschaustellung von Waffen in der Öffentlichkeit grundsätzlich verbieten“, fordert Philipp Ingenleuf vom „Netzwerk Friedenskooperative“: „Die Bundeswehr nutzt die Technikbegeisterung von Kinder und Jugendlichen schamlos aus, um diese als zukünftige Rekruten zu gewinnen. Wohlwissend, dass Kinder Waffentechnik nicht reflektiert betrachten können, sind sie beim ‚Tag der Bundeswehr‘ die Hauptzielgruppe. Auch Jugendliche können dies nur bedingt leisten, weshalb das Rekrutierungsalters auf 18 erhöht werden muss.“ Roland Blach ergänzt: „Jährlich werden über 1.000 Minderjährige als freiwillig Wehrdienstleistende und Zeitsoldaten zur Bundeswehr eingezogen und an der Waffe ausgebildet – Tendenz steigend.“ Deutschland hat sich durch Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention und seiner Zusatzprotokolle zu einem weitreichenden Schutz Minderjähriger verpflichtet. Der „UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes“ hat folgerichtig 2014 die Bundesregierung aufgefordert „gezielte Werbung von Kindern und Jugendlichen in der Bundeswehr zu beenden und das Eintrittsalter in die Armee auf mindestens 18 Jahre zu setzen.“ Dazu gibt es von der DFG-VK, dem „Deutschen Bündnis Kindersoldaten“, „terre des hommes“, der Kindernothilfe und dem „Weißen Friedensband“ der „Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft“ eine Online-Petition an Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen: www.unter18nie.de
Aufruf Flaggentag am 8.7.2016
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Schostok,
Hannover gehört schon seit der Aufnahme der Städtepartnerschaft mit Hiroshima im Jahr 1983 zu der Vereinigung „Bürgermeister für den Frieden“. Die Stadt hat die Organisation mit initiiert und seit ihrer Entstehung mitgestaltet. Inzwischen wurde Hannover – neben bisher 20 weiteren Städten – die Urkunde als ‚Lead City‘ vom Bürgermeister von Hiroshima verliehen.
Das ist für alle friedensbewegten Menschen in und um Hannover ein wichtiges Signal.
Eine gemeinsame, bundesweite Aktivität der Mayors for Peace ist der Flaggentag, der in diesem Jahr am 8. Juli an das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs vor 20 Jahren erinnert.
Wir sehen dieses Rechtsgutachten als einen Meilenstein in der Anti-Atomwaffen-Bewegung. Die Vereinten Nationen sahen damit den „Einsatz von Atomwaffen, ja bereits die Androhung des Einsatzes, als Verstoß gegen internationales Recht und gegen Vorschriften und Prinzipien des humanitären Völkerrechts.“ Weil sich in diesem Jahr das Rechtsgutachten zum 20. Male jährt, erscheint uns der diesjährige Flaggentag der ‚Mayors for Peace‘ als besonders wichtig. Wir begrüßen es, dass in diesem Jahr zusätzlich zum Hissen der Flagge eine Fotoaktion durchgeführt werden soll. Gerne nehmen wir daran teil.
Darüber hinaus halten wir – das ‚Hiroshimabündnis Hannover‘ und das ‚Friedensbüro Hannover e. V.‘ eine zusätzliche öffentlichkeitswirksame Aktion für wichtig. Zur Zeit gibt es Planungen der US-Regierung, die 20 noch in Deutschland – in Büchel / Eifel – stationierten Atombomben nicht zu entfernen obwohl ein Bundestagsbeschluss vom 26.3.2010 die Regierung dazu auffordert. Stattdessen sollen sie durch „modernere“ Waffen ersetzt und damit aufgerüstet werden. Deren „Vorzüge“ sollen darin bestehen, dass sie besser lenkbar sind und in verschiedenen Größen produziert werden können. Diese Eigenschaften beunruhigen uns sehr – würden sie doch die Schwelle für einen militärischen Einsatz senken.
Schon 2014 hatte sich Bürgermeister Thomas Herrmann bei der Bundesregierung gegen diese Modernisierung von Atomwaffen eingesetzt. Gerade angesichts der eskalierenden Spannungen zwischen der NATO und Russland erscheint diese Perspektive immer bedrohlicher.
Wir möchten mit einer Mahnwache vor dem Rathaus Bürgerinnen und Bürger Hannovers auf diese Gefahren hinweisen und zum friedenspolitischen Engagement aufrufen. Es wäre ein starkes Signal für die Öffentlichkeit, wenn Sie, Herr Oberbürgermeister sich mit einem Redebeitrag – ganz im Sinne der Mayors for Peace – daran beteiligen würden. Wäre dieses möglich im Rahmen der Fotoaktion?
Wir sind offen für Vorschläge Ihrerseits, wie Sie sich eine gemeinsame Aktion vorstellen könnten.
75 Jahre seit dem Angriff auf die Sowjetunion
von Agnes Hasenjäger
Am 22.6.2016 jährt sich der Angriff Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion zum 75. Male. Ein Grund zum Gedenken? Sicher nicht, um der „großen, ruhmreichen“ zu gedenken, jedoch der Millionen Menschen, die durch den Krieg und den Kampf gegen den faschistischen Staat ums Leben gekommen sind – im hungernden Leningrad, in zerstörten Dörfern, als ZwangsarbeiterInnen oder Kriegsgefangene, aber auch als Soldaten.
Aber es sollte auch einen anderen Grund zum Gedenken geben: der Krieg gegen die Sowjetunion war von vornherein ein Vernichtungskrieg mit dem Ziel, die slawischen „Untermenschen“ zu ermorden, zu vertreiben oder zu versklaven und so „Lebensraum im Osten“ zu erobern. Damit war aber zugleich der Anfang vom Ende erreicht: Ergebnis war die vernichtende Niederlage Deutschlands. Positiv durch die Beseitigung der faschistischen Herrschaft, aber doch mit schlimmen Folgen für die einfache Bevölkerung bis hin zur Teilung Deutschlands.
Dies Datum soll uns also daran erinnern, dass wir kein Interesse daran haben können, in Feindschaft mit Russland zu leben. In den letzten Jahren wurde Russland wieder zum Feind erklärt, entgegen der Absprachen mit Gorbatschow wird es durch neue NATO-Staaten eingekreist, Waffen und Militär rücken an die Grenzen vor bis dahin, dass beim letzten NATO-Manöver in Norwegen auch der Ersteinsatz von Atomwaffen geübt wurde. Hier sieht man, dass Feindschaft mit Russland unmittelbar unsere Sicherheit bedroht, denn ein Atomeinsatz wird sich nie begrenzen lassen!
Veranstaltung: Der unbekannte Soldat
Mi, 22.06., 20.30 Uhr: Co-Regisseur LUISE LINDEMAIR in Vertr. f. MICHAEL VERHOEVEN stellt persönlich vor: – zum 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion – eine Veranstaltung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Der unbekannte Soldat
Zum 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion – eine Veranstaltung der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten.
Die zwischen 1995 und 2004 in mehreren Städten Deutschlands gezeigte „Wehrmachtsausstellung“ war ein Tabubruch. Bis dahin hatte die deutsche Öffentlichkeit das Bild der „sauberen Wehrmacht“ gepflegt. Und nun wurde sie plötzlich mit Fotos von Soldaten beim Mord an Zivilisten konfrontiert. Die NPD marschierte vor der „Wehrmachtsausstellung“ auf und selbst konservative Politiker waren empört. Gehören die „Verbrechen der Wehrmacht“ tatsächlich zum „Familienalbum der Deutschen“?
Michael Verhoeven („Die weiße Rose“, „Das schreckliche Mädchen“, „Mutters Courage“) nimmt die Ausstellung über den Vernichtungskrieg im Osten (1941-1944) und vor allem die heftigen Reaktionen darauf als Ausgangspunkt für seinen aufwühlenden Dokumentarfilm. Er verfolgt die Spuren der Wehrmacht bis in die Ukraine und nach Weißrussland. Anhand von zahlreichen Interviews mit Zeitzeugen und Historikern in Deutschland, den USA und an den Orten des Geschehens, untersucht Verhoeven den wohl schrecklichsten Teil der Geschichte der deutschen Wehrmacht
Rotes Kreuz geht mit Anwälten gegen Friedensgesellschaft vor
Eigentlich wollte die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) nur auf die enge „Zivil-Militärische-Zusammenarbeit“ zwischen dem „Deutschen Roten Kreuz“ (DRK) und der deutschen Armee aufmerksam machen. Jetzt geht das DRK juristisch gegen die Kampagne der Friedensaktivisten vor.
Als am Mittwoch, den 1. Juni 2016 um 14.58 Uhr ein seitenlanges Fax in der Bundesgeschäftsstelle der „Deutschen Friedensgesellschaft“ in Stuttgart einging, staunten die Anwesenden nicht schlecht: Eine vom „Deutschen Roten Kreuz“ beauftragte Rechtsanwaltskanzlei forderte, die Aktionswebsite www.deutsches-rotes-kreuz.net aus dem Internet zu nehmen, und drohte mit einer Vertragsstrafe von mindestens 5.100 Euro, so dies nicht bis zum 1. Juni, dem Tag an dem das Fax einging, geschehe. Eine Unterlassungserklärung sei dazu abzugeben. Den Gegenstandswert der Auseinandersetzung bemessen die vom DRK beauftragten Anwälte auf eine Höhe von 75.000 Euro. In jedem Fall soll die Friedensorganisation die Anwaltskosten von über 1.750 Euro tragen – ein hoher Betrag für die Aktivisten.
Die hatten vor wenigen Wochen begonnen mit ihrer Aktionswebsite auf die enge Zusammenarbeit des DRK mit dem deutschen Militär aufmerksam zu machen: Die mittlerweile nicht mehr erreichbare Internet-Seite war an das Design der offiziellen DRK-Website angelegt – aber klar als Aktionsseite kenntlich. So prangte am Ende der Seite das Logo der Friedensgesellschaft und auch das Impressum leitet auf die offizielle Seite der „Deutschen Friedensgesellschaft“ – www.dfg-vk.de – und das dortige Impressum weiter. In Anlehnung an eine aktuelle Spendenkampagne des „Roten Kreuz“ standen abgewandelte Motive wie „Deutscher Roter Panzer“ oder „Deutscher Roter Soldat“ auf der Aktionsseite der Friedensfreunde. Auch wenn sie ihre Aktionsseite erstmal offline gestellt haben, die Unterlassungserklärung unterschreiben wollen die Friedensaktivisten nicht. Sie haben den Eindruck, dass die Hilfsorganisation eine öffentliche Auseinandersetzung über ihre „Zivil-Militärische-Zusammenarbeit“ unterbinden will.
Tatsächlich sieht es danach aus, dass die Verbindungen zwischen dem DRK und der Bundeswehr zuletzt immer enger geworden sind: Schon 2003 bekannte sich das DRK explizit zur „Mitwirkung“ an Militäreinsätzen. 2008 definierte dann ein Bundesgesetz die „Unterstützung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr“ als zentrale „Aufgabe“ der Hilfsorganisation. Seit 2009 unterhält das DRK einen eigenen „Beauftragten für zivil-militärische Zusammenarbeit“. Seit 2014 finden gemeinsame „Joint Cooperation“-Manöver von DRK, Bundeswehr und weiteren Armeen statt. Und am 24. November 2015 unterzeichneten der DRK-Generalsekretär Christian Reuter und Markus Grübel, der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, die erste zentrale Kooperationsvereinbarung – es soll der Zusammenarbeit ein „offizielles Fundament“ geben.
„Mit der engen Kooperation bricht das DRK zumindest zwei ihrer obersten Grundsätze“, merkt Christoph Neeb, einer der Bundessprecher der DFG-VK, an. Gemeint sind die Unabhängigkeit und Neutralität der Hilfsorganisation, die durch die einseitige Bundeswehr-Zusammenarbeit verloren gehen werden: „Henry Dunant, der Begründer der Rot-Kreuz-Bewegung, hat den Grundsatz der Neutralität des Hilfswerks selbst geprägt, als er 1859 auf dem Schlachtfeld bei Solferino ohne Ansehen der Nationalität Verwundeten half“, erinnert Neeb. Im Gefecht zähle die Uniform, nicht der Mensch. Im Lazarett kehre sich die Perspektive wieder um. „Wie sollen beide Perspektiven vereinbar sein?“, fragt Neeb heute.
Der aktuelle Streit zwischen DRK und „Deutscher Friedensgesellschaft“ würde den Gründern beider Organisationen nicht gefallen: Bertha von Suttner, die Gründerin der fast 125 Jahre alten „Deutschen Friedensgesellschaft“ war eng mit Henry Dunant, dem Gründer des „Internationalen Komitees vom Roten Kreuz“ verbunden. Dunant veröffentlichte 1897 mehrere Beiträge in Suttners Zeitschrift „Die Waffen nieder!“. Darin verglich er Militarismus mit ansteckenden Krankheiten wie Pest und Tollwut und stellte sich gegen die Legende vom Militär als Tugendschule. 1901 wurde Dunant auf Initiative Bertha von Suttners der allererste Friedensnobelpreis verliehen.