10. Dezember 2015: ‚Zapfenstreich‘ – die 1. Panzerdivision zieht nach Oldenburg – die Patenschaft der Stadt Hannover mit der 1. PD hat ein Ende – Deutschland steigt in den ‚Krieg gegen den Terror‘ ein!
Nun sind sie weg aus Hannover – die Soldat_innen der 1. Panzerdivision – oder besser: der Stab der 1. Panzerdivision. Jetzt hat Oldenburg das Vergnügen. Und Hannover ist um eine ‚Attraktivität‘ ärmer: das ‚Sommerbiwak‘ rund um das HCC . Dieses Fest, bei dem mal der ‚Orient und Okzident‘ gefeiert wurde, Besucher_innen auch mal ‚very british, sehr königlich feiern und genießen konnten‘ und auch mal ‚Miteinander verbunden- füreinander einstehen‘ konnten und es gelegentlich auch Modeschauen unter dem Titel ‚Mut zum Hut‘ gab.
(indymedia.org) Vorbei sind jetzt auch unsere vielfältigen Proteste gegen die 1. Panzerdivision und das ‚Biwak‘-Spektakel: Wir waren keineswegs davon begeistert, dass das Töten und Sterben mit Tarnfleck, Galauniformen und teuren Glitzerkleidern gefeiert wurde. Schließlich war und ist die 1. Panzerdivision seit 2004 im Rahmen der Transformation des Heeres eine Division der Eingreifkräfte, die „Division ist vor allem für einen Einsatz hoher Intensität gegen einen vorwiegend militärisch organisierten Gegner optimiert.“ (Selbstdarstellung). Die 1. Panzerdivision beteiligt sich in der NATO (NATO Response Force) und in der EU (European Battlegroups) am Aufbau so genannter schneller Eingreiftruppen. Sie war vor allem in Afghanistan eingesetzt.
Und damit schließt sich ein Kreis. Der Afghanistan-Einsatz der 1. PD war Teil des von Bush ausgerufenen ‚War in Terror‘, an dem Deutschland beteiligt war. Das Ergebnis: tote Soldat_innen, viele tote Zivilist_innen, zerstörte Landschaften und zerstörte Infrastruktur und – noch viel mehr Terror! Jetzt sind es nicht mehr nur die ‚Taliban‘ (zu denen auch schon immer die gezählt wurden, die nach der Ermordung von Familienmitgliedern selbst zu den Waffen griffen) – jetzt ist auch der IS dort angekommen. Und die aus Afghanistan geflohenen Menschen sollen in ‚Schutzzonen‘ wieder nach Afghanistan abgeschoben werden. Reservate? Wie absurd ist das alles!
Und jetzt: ein neuer ‚War on Terror‘. Nach den Anschlägen von Paris hat Präsident Hollande sofort den ‚Krieg‘ ausgerufen und ist durch die Welt gereist, um eine Kriegsallianz zu schmieden. Und nach anfänglichem Zögern ist jetzt auch Deutschland dabei. Aus ‚Solidarität‘! Waffen’bruder’schaft aus Solidarität. Das ist der Hohn der Herrschenden gegenüber der Solidarität der Völker. Die Abstimmung über die Unterstützung französischer Angriffe wurde im Hauruck-Verfahren durch den Bundestag gepeitscht und am selben Tag, an dem der Zapfenstreich stattfand, wurden deutsche Soldat_innen in Jagel verabschiedet. Passt doch alles! Ein neuer Krieg gegen den Terror, der das macht, was Berta von Suttner schon so kennzeichnete: So wenig, wie Tinte mit Tinte abgewaschen werden kann, so wenig kann Blut mit Blut abgewaschen werden! Das war vor dem 1. Weltkrieg! ‚Oh, will they never learn?‘ Oder sollten wir eher sagen: Die Interessen hinter den Kriegseinsätzen sind noch immer dieselben? Damals Landbesitz und damals wie heute: Rohstoffe, Macht, Absatzmärkte (für Waffen aber nicht nur) ….? Uns fliegen mit dem IS und anderen Terrorgruppen und schrecklichen Diktaturen gegenwärtig 400 Jahre Kolonialgeschichte und eine immer noch darauf basierende Wirtschaftsordnung um die Ohren? Deshalb wird jeder kriegerische Eingriff noch mehr Blutvergießen und noch mehr Terror hervorrufen.
Diese – und noch viele andere – Überlegungen waren der Grund dafür, zu Kundgebung und Demonstration aufzurufen: gegen den Zapfenstreich und gegen den deutschen Kriegseinsatz in Syrien. „Kein Frieden mit der Bundeswehr“ Mit 120 bis 150 Leuten waren wir nicht die Masse – aber wir wissen, dass es in vielen Städten Gleichgesinnte gibt und auch in Hannover keineswegs alle Menschen den Kriegseinsatz billigen. Deshalb werden wir mit unserer Arbeit weitermachen – auch mit einer Unterschriftenliste.
Aber zunächst noch ein Zitat: die Wiedergabe der Zapfenstreichzeremonie beim NDR (online):
„Hannover verabschiedet Division mit Zapfenstreich“ von Marc Wichert
„Fackeln lodern. Ansonsten herrscht Stille auf dem Trammplatz vor dem Neuen Rathaus in Hannover. Dann ist das Klacken schwerer Soldaten-Stiefel zu hören. Kommandos eines Offiziers hallen beim Großen Zapfenstreich für die 1. Panzerdivision in Hannover am Donnerstagabend über den Platz. Zwar mag nicht jeder so gefühlt haben wie jener Soldat, der Stunden zuvor einem Journalisten anvertraut hatte: „Da bekomme ich schon mal eine Gänsehaut.“ Beeindruckend war dieses militärische Zeremoniell trotzdem. Es galt, der Division einen würdigen Abschied zu bereiten, die 60 Jahre in Hannover ihren Stab stationiert hatte. Dieser wird nun nach Oldenburg verlegt. … Mit dem höchsten militärischen Zeremoniell wolle die Stadt die Verbundenheit der Landeshauptstadt mit der 1. Panzerdivision unterstreichen, sagte Schostok. In einer so langen Zeit entstehe eine besondere Verbindung.“ Ja, Pathos, tiefe Verbundenheit und höchste militärische Zeremonielle! Brauchen wir die? Wollen wir die?
Jedenfalls war den Presseberichten zu entnehmen, dass wir mit unseren Rufen gegen Militärspektakel, gegen das Werben fürs Sterben und den Syrieneinsatz auf dem Trammplatz zu hören waren.
In einer Werbekampagne der Bundeswehr heißt es in einer der vielen Anzeigen: „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst.“ (Wer duzt mich da eigentlich?) Diesen Satz zitierte Ursula von der Leyen bei dem Zapfenstreich – sozusagen als Gruß zu uns auf der anderen Seite des Friedrichswall. Unsere Antwort ist: „Ich bin schon dagegen! Ihr könnt aufhören zu kämpfen!“ Zurückduzen können wir auch. Und: Wir bleiben aktiv gegen Krieg, gegen militärische Zeremonien, gegen das Töten und Sterben! NICHT IN UNSEREM NAMEN !