Kundgebung Seebrücke 8.2.2020

  • Rede am 8. 2. 2020
    Die Insel Lesbos – Ein Traum – Ein Trauma – eine Katastrophe

Das Camp Moria liegt auf der griechischen Insel Lesbos nahe der türkischen Küste. Lesbos: eine Trauminsel! Touristik, tolle Landschaft, Meer, Sonne!

Lesbos, eine Traumainsel.
Moria, eine Katastrophe.
In dem überfüllten Camp Moria für geflüchtete Menschen leben 13.000 Menschen. Ausgelegt war Moria für 3.000 Migrant*innen.

Tausende Menschen sind auf engstem Raum zusammengepfercht. Am Sonntag, dem 2. Febr. 2020 kommt es zur Eskalation. Nicht das 1. Mal. Brände waren ausgebrochen, mehrere Wohncontainer brannten. Die Polizei setzte Tränengas ein, die Migrant*innen griffen ihrerseits die Polizei und die Feuerwehr mit Steinen, Knüppeln und Eisenstangen an. Eine Frau und möglicherweise ein Kind sind gestorben. Durch den massiven Einsatz von Tränengas sind große Bereiche des – wie gesagt – bereits dramatisch überfüllten Flüchtlingslagers nicht bewohnbar. Etwa 100 Bereitschaftspolizisten aus Athen sollen die Lage im überfüllten Flüchtlingslager Moria ‚unter Kontrolle halten‘.
Die Hölle von Moria: Vergewaltigungen, Drogenhandel, Extremismus

In einem größeren Zelt haben Afghanen eine Schule begründet, ehrenamtlich, eine offizielle gibt es nicht. Draußen steht ein Paar Plastiksandalen am nächsten, drinnen sitzen Kinder und Jugendliche auf dem Boden. „Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber die Situation mit Schule und Bildung ist hier schlimmer als in Afghanistan“, sagte eine 17-Jährige. Zehntausend leben in Moria unter zusammengeknoteten Plastikplanen oder unter Decken, die sie über Äste hängten. Bald wird es regnen, vergangenen Winter waren die Zelte verschneit, Kinder erlitten Erfrierungen. Jüngst wurde ein Jugendlicher erstochen. Es gibt Vergewaltigungen, Drogenhandel und Extremismus. 60 Menschen teilen sich eine Toilette. Es gibt keine funktionierende Verwaltung, zu wenige Mitarbeiter*innen. Inmitten des Elends, des Chaos und der Verwahrlosung bauen sich afghanische Familien Erdöfen, um Brot zu backen.
Ein Lagerdirektor gab nach drei Jahren die Lagerleitung auf: er sei „erschöpft“, sagte er. Er habe in Moria Dinge gesehen, die er nie wieder mit ansehen wolle. Nach Recherchen der Deutschen Welle sollen vor einem Jahr auch Dutzende Männer des IS einen Teil des Lagers unter Kontrolle gehabt, Minderheiten terrorisiert haben.
Mit der „Hölle von Moria“ wolle Europa abschrecken, sagen Helfer*innen und Griech*innen. Doch das klappt nicht. Auch die neu mit einem Boot angekommenen Afghanen werden sich an den staubigen Hängen der Olivenhaine einrichten müssen.
Die Norwegerin Katrin Glatz-Brubakk von ‚Ärzte ohne Grenzen ‘ist Kinderpsychologin, die einzige in Moria für rund 5000 Mädchen und Jungen, Sie kommt seit 2015 immer wieder her, nahm sechsmal sogar Urlaub für den Einsatz. Der griechische Staat stellt laut „Ärzte ohne Grenzen“ zwei Ärzte für die 13.000 Menschen im Lager, es gibt keine Klinik auf dem Gelände.
„Wenn die Kinder hier ankommen, sind sie von Flucht und Krieg schwer traumatisiert. Aber wenn sie hier leben, wird alles nur noch schlimmer“, sagt die Ärztin in der Kinderbehandlungsstation außerhalb des Hauptlagers. „Es passiert sehr oft, dass Kinder sich verletzen, schneiden, aufhören zu sprechen, versuchen, sich das Leben zu nehmen.“ Rund 1000 unbegleitete Kinder und minderjährige Jugendliche seien Missbrauch und Menschenhandel ausgesetzt, warnen Helfer.

Wie groß die Wut und der Frust sind, zeigte sich bei den jüngsten Tumulten. Ein Bewohner Morias sagte, die Jugendlichen seien wütend gewesen, weil die Feuerwehr erst nach 20 Minuten angekommen sei.

Wut trifft auf Staatsmacht: Die neue harte Politik der Regierung führte dazu, dass sich ca. 2.000 Menschen aus dem Lager Anfang Febr. zu einem Protestmarsch in die Hauptstadt der Insel begaben. Der Protest endete in Gewalt.

Die griechische Regierung will die Migrationspolitik verschärfen. Krisensitzungen werden abgehalten, geplant ist die Rückführung von 1.000 Geflüchteten in die Türkei bis Ende 2020 und geschlossene Lager für ‚illegale‘ oder abgelehnte Migrant*innen.

D. h., statt sich der unmenschlichen Bedingungen in den Lagern anzunehmen und den Menschen Schutz vor Verfolgung, Krieg und Armut zu gewähren, wird die Festung in und um Europa ausgebaut und die Repression verschärft.

Aber da kommt dann auch Deutschland ins Spiel. Wir müssen Druck auf unsere Regierung machen, die Anrainerstaaten des Mittelmeers dürfen nicht allein gelassen werden.

D. h. – Forderungen

  • Statt Dublin-Abkommen Aufnahme von Geflüchteten in allen europäischen Staaten. Zustimmung der deutschen Regierung zur weiteren Aufnahme von Geflüchteten. Druck auf ‚Heimatminister Seehofer!
  • Einlösen des Versprechens der ‚Seehafenstädte‘, d. h. auch Hannovers, zusätzliche Geflüchtete aufzunehmen“!
  • Schnelle und unbürokratische Aufnahme von geflüchteten Minderjährigen!
  • Fähren statt Frontex – offene Grenzen statt Festung Europa!
  • Grenzen zu für Waffen! Grenzen auf für Geflüchtete!