Bericht: Friedensaktionskonferenz Afghanistan
für den 26.04. 2014 von 11.30 bis 17.00 ins Kulturzentrum FAUST, Zur Bettfedernfabrik 3, 30451 Hannover.
(eingeladen von: Karim Popal, Wahida Kabir, Reiner Braun; Berlin/Bochum/Bremen, den 8.3.2014)
Bericht über die Konferenz von Brunhild Müller-Reiß
Angesichts der Tatsache, dass die Friedens/antimilitaristische Bewegung aufgrund der vielen kriegerischen oder nahezu kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt (Syrien, Mali, Ukraine …) kaum zum Atemholen, geschweige denn zu massenwirksamen Aktionen findet, fand ich es schon recht erstaunlich, dass ca. 30 Menschen für die Konferenz zusammen gefunden hatten.
Natürlich waren die ‚altbekannten‘ Gesichter dabei – aber ich viele afghanische/afghanischstämmige Aktivit_innen und einige junge Fruen und Männer.
Das Eingangsreferat zur aktuellen Situation in Afghanistan hielt Matin Baraki, der gerade von einer längeren Reise aus Afghanistan zurückgekommen war. Er berichtete von bettelnden Kindern, trauernden Menschen, 20 % Menschen in absoluter Armut, und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und erklärte: „Ein Abzug ausländischer Kräfte findet nicht statt.“ Der Truppenabzug westlicher Militärs werde durch die ‚Afghanisierung‘ des Krieges ersetzt, die ASA bzw. die NATO behielten ‚das Sagen‘; in Zukunft würden afghanische Menscheb gegen afghanische Menschen kämpfen, aber das Interesse der USA an einem ‚Greater Middle East‘ sei nach wie vor vorhanden und neun große militärische Stützpunkte blieben über das Land verteilt. D. h., Afghanistan bliebe ein ‚Militärprotektorat‘. Die Nichtunterzeichnung des Sicherheitsabkommens durch Karsai sah er als ‚taktisches Vorgehen‘, damit nach außen die tatsächliche Abhängigkeit vom Westen nicht so auffällig sei.
Sicherheitskräfte und Militär verhinderten eine reale Macht und Souveränität der afghanischen Bevölkerung.
Die afghanischen Wahlen seien nicht demokratisch gewesen (z. B. fehlende Stimmzettel, Beschwerden vor allem von Frauen, Korruption etc.). Dennoch seine die Wahlen eine ‚Übung in Demokratie‘ gewesen mit der Maßgabe: „Wir nehmen unser Recht in Anspruch!“
Barakis Ziel ist: Kein Frieden mit kolonialem Charakter – stattdessen – Frieden in Afghanistan, mit Afghanistan für Afghanistan‘ – eben ein ‚Afghanischer Frieden!
In seinen Augen muss das ganze Spektrum politischer Gruppen einbezogen werden – ohne Vorbedingungen, weil ein Ergebnis nur einzelner Gruppierungen zu fehlender Akzeptanz und neuen Auseinandersetzungen führen würde.
Im Anschluss an das Eingangsreferat hielten mehrere afghanischstämmige Redner kurze Zusatzreferate, die durchaus unterschiedliche Einschätzungen für einen möglichen Friedensprozess innerhalb Afghanistans vorschlugen. Wesentlicher Dissenz war die Frage: sollen Gruppen, die bewaffnet waren und sind, erst zu Gesprächen zugelassen werden, wenn sie vorher die Waffen niedergelegt haben?
Dazu gab es keine Einigung – aber den Hinweis, dass diese vorherige Festlegung den gewünschten Prozess der intensiven Auseinandersetzung gar nicht erst zustande kommen ließe.
Neben verschiedenen Beiträgen von verschiedenen Initiativen (z. B. ‚Afghanistan Peacemaker‘ ), die z. B. fordern: die afghanische Souveränität ist wiederherzustellen, Menschen dürfen nicht mehr vom und für den Krieg leben und unabhängige Radios müssen installiert werden, wurden Überlegungen angestellt, wie die Situation in Afghanistan wieder Teil der deutschen (bzw. europäischen) Friedens/Antikriegsbewegung werden kann.
- Grundsätzlich sollte das Thema NATO die Klammer sein, die die verschiedenen Bereiche (z. B. Afghanistan und Ukraine) miteinander verbindet. Es bleibt zwar die Schwierigkeit, sich immer wieder neu und möglichst schnell in neue Auseinandersetzungen einzuarbeiten, aber die Themen könnten inhaltlich in einen Kontext gestellt werden.
- Zum Jahrestag des Kunduz-Angriffe s am 4. September 2009 soll (vermutlich am 6. Sept) eine Großdemo in Bonn stattfinden. Eine Vorbereitungsgruppe in Bonn ist bereits dazu aktiv.
- Im Herbst soll ein weiteres Afghanistan-Treffen im Süden Deutschlands (z. B. Stuttgart) stattfinden.
Im Frühjahr 2015 könnte eine europäische Afghanistankonferenz stattfinden. Dafür, so führten afghanische Redner_innen aus, wäre es gut, wenn in der deutschen Afghanistan-Communitiy (zusammen mit den entsprechenden Kräften in Afghanistan) die unterschiedlichen Vorstellungen zur Einbeziehung afghanischer Aktör_innen auf einen Nenner gebracht werden könnten. Dabei könnten Frauen, die möglicherweise nicht so eng in die unterschiedlichen Parteiungen eingebunden sind, eine große Rolle spielen.