3. Okt. – Tag der deutschen Einheit

Von bundesweiten Friedenskräften wurde dazu aufgerufen, den 3.Okt. zum Protesttag gegen Militarismus und Krieg zu machen, auch im Gedenken an die Abmachungen, die zur deutschen Einheit führten – der Aufruf ist hier zu finden:

https://nie-wieder-krieg.org/2023/07/29/aufruf-zum-dezentralen-aktionstag-der-friedensbewegung-am-3-oktober-2023/.

Das Hamburger Forum ruft deshalb zu einer Demo in Hamburg (3.10.23 – 13 h Bhf Altona) auf
https://www.hamburgerforum.org/seite/364926/friedenspolitische-termine-in-hamburg.html. Wenn jemand teilnehmen möchte: wir fahren mit dem Zug 9:40 vom Hbf, dafür treffen wir uns um 9:20 am Fahrstuhl zu Gl. 4, so können wir sehen, wer noch eine Fahrkarte braucht – gemeinsam ist billiger.

Die zusammenarbeitenden Gruppen der Norddeutschen Friedensbewegung haben einen etwas anderen Aufruf – aber mit demselben Ziel:

„Offensive für Frieden und soziale Gerechtigkeit – jetzt!“
3. Oktober – (k)ein Tag zum Feiern? Frieden ist das Gebot der Stunde!

Der „Tag der deutschen Einheit“ soll dieses Jahr in Hamburg begangen werden, mit viel Brimborium und einem „Bürgerfest“ der Vielfalt und der Internationalität. Doch der schöne Schein der Weltoffenheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Außenpolitik auch heute gefährlich kapital-konform, militaristisch und nationalistisch ist. Während die Bevölkerungen weltweit Frieden einfordern und eine Mehrheit der Staaten um eine diplomatische Lösung im Russland-Ukraine-Krieg bemüht sind, steht Deutschland mit der Kriegstreiberei wieder auf der falschen Seite der Geschichte und trägt damit Verantwortung für die weitere Eskalation. Mit der gigantischen, auch atomaren, Aufrüstung wird zudem auf unserer aller Kosten die Rüstungsunternehmen noch weiter gefüttert, während z.B. für Bildung und Kindersicherung kein Geld da sein soll.

Es ist unsere historische und hoch aktuelle Verantwortung, die Bundesregierung von ihrem Kriegskurs abzubringen und Abrüstung und soziale Verbesserungen durchzusetzen.

Mit der „Wende“ 1989 wurde von neoliberaler Seite das „Ende der Geschichte“ propagiert – Nie wieder Sozialismus! Es lebe der Kapitalismus! Doch es trat keine, wie behauptet, allseitige Glückseligkeit ein, vielmehr wurden in den Folgejahren ohne die Systemkonkurrenz die kapitalistische Konkurrenz – zunehmend auch militärisch – sowie eine hemmungslose Umverteilung von unten nach oben forciert. Mit fatalen Folgen für Mensch und Umwelt in allen Teilen der Welt.

Für die Bevölkerung der DDR bedeutete diese verhängnisvolle Zäsur eine völlige Umkehrung ihrer Lebensverhältnisse. Ganze Industrien wurden abgewickelt, viele Menschen wurden arbeitslos und haben das Land verlassen, so dass ganze Landstriche verödeten. Kultur, soziale Infrastruktur und Zukunftsperspektiven wurden zerstört, politische Verfolgung und Prozesse folgten. Bis heute ist das Lohn- und Rentenniveau im Osten Deutschlands niedriger als im Westen und die soziale Ungleichheit besteht weiterhin.

Voraussetzung für die Wiedervereinigung war der „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ – kurz „2+4-Vertrag“ – vom 13. September 1990 zwischen der BRD und der DDR und den Siegermächten des 2. Weltkriegs: Frankreich, der Sowjetunion, Groß-Britannien und den USA. Trotz des ungleichen Kräfteverhältnisses (die SU war ökonomisch am Boden und die DDR praktisch in Auflösung) konnten aufgrund der historischen Erfahrung der Befreiung vom Faschismus, der Entspannungspolitik, kluger Diplomatie und der Stärke der Friedensbewegung weitreichende Vereinbarungen getroffen werden. U.a. verpflichteten sich die beiden (formal noch eigenständigen) deutschen Staaten, „dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“ und weiter, „dass das vereinte Deutschland keiner seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen“. Der Vertrag sollte eine neue, zivil regulierte Etappe einleiten.

Es folgte am 21. November desselben Jahres die „Charta von Paris“, in der 32 europäische Staaten sowie die USA und Kanada nach dem Ende der Teilung Europas erklärten, „entschlossen die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen“ und „die Zusammenarbeit in Europa fortzuentwickeln“.

In der Friedensbewegung haben sich damals viele gefragt: Wird die neue Bundesrepublik die neu gewonnene Souveränität nutzen und sich für den Frieden in der Welt einsetzen?

Es folgten tatsächlich einige Jahre der Entspannung. Der Konfrontation des Kalten Krieges war vorbei. Die Menschen erlebten erstmals seit vielen Jahren was es bedeutet, ohne ständige (auch atomare) Bedrohung zu leben. Rüstungskontrolle, Abrüstung und Vertrauensbildung waren die Stichworte für eine Sicherheitsarchitektur in Europa.

Mit der NATO-Russland-Grundakte (1994-1997) wurden die Absichtserklärungen bekräftigt. Beide Seiten bekannten sich zum Verzicht auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt, zu gegenseitigen Konsultationen und friedlicher Beilegung von Konflikten. Als der russische Präsident Putin 2001 im Bundestag für eine Erneuerung deutsch-russischer Zusammenarbeit warb, erntete er dafür stehende Ovationen der Abgeordneten.

Wenn wir heute Bilanz ziehen, müssen wir feststellen, dass das Potential der Entspannungspolitik – Ende der Konfrontation, Abrüstung und der Einsatz der freiwerdenden Ressourcen für gesellschaftlich sinnvolle Aufgaben – besonders vom Westen fundamental vertan wurde. Die NATO wurde nicht wie der Warschauer Vertrag aufgelöst, sondern ständig weiter ausgedehnt und Anfang der 90er Jahre wurden schon die nächsten Militäreinsätze vom Zaun gebrochen, auch mit deutscher Beteiligung. Es folgten zahlreiche völkerrechtswidrige Kriege: Jugoslawien (1999), Afghanistan (2001), den Irak (2003) und Libyen und Syrien (2011), um nur einige zu nennen. Statt diplomatische Beziehungen und Interessenausgleich wurde neue Rivalitäten schaffen und die Fronten verhärtet. Dieser erbitterte Kampf um geostrategischen Einfluss und schließlich um die Aufrechterhaltung der unipolaren, US-dominierten Weltordnung hat mit zum Krieg in der Ukraine geführt, gefährliche Konflikte wie zwischen China und Taiwan heraufbeschworen und den Globus mit Klimawandel und atomarer Bedrohung an den Rand der Existenz geführt.

Doch die Geschichte ist nicht zu Ende, es ist Zeit für eine Wende der Wende!

Wenn wir unser Wirken als Teil der globalen Friedensbewegung vertiefen, kann es gelingen, diese perspektivlose und unrealistische Machtpolitik abzulösen und zu weltweiter Verständigung zwischen allen Staaten unter Anerkennung der jeweiligen (Sicherheits-)Interessen zu kommen. Die zunehmende Blockkonfrontation zwischen China/Russland und dem von den USA angeführten „Westen“ ist eine Reaktion auf die Infragestellung der bestehenden Machtverhältnisse durch weltweite Friedens- und Sozial-Bewegungen, die auch Ausdruck in neuen Staatenbündnissen finden. Gerade jetzt ist es Zeit für eine wirkliche Entspannungspolitik mit sozialen Verbesserungen.

  • Eine souveräne deutsche Außenpolitik für ein gemeinsames Europa einschließlich Russland heißt heute diplomatische Beziehungen ausbauen und dafür die OSZE stärken und die NATO-Mitgliedschaft beenden. Für eine internationale Friedensordnung und gerechte Weltwirtschaft unter Ausbau der Vereinten Nationen!
  • In Erweiterung des im 2+4-Vertrag festgehaltenen Verzichts auf Atomwaffen muss die nukleare Teilhabe beendet werden. Dies kann mit einem Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag Ausgangspunkt für die Zerstörung aller Atomwaffen sein. Für eine Welt ohne Atomwaffen!
  • Die damals festgeschriebene Verringerung der Bundeswehr als Auftrag, mit diesem ersten Schritt für die Abrüstung aller zu wirken, sollte heute fortgeführt werden. Statt Aufrüstung der Bundeswehr für das NATO-2%-Ziel sollten Gelder in Bildung, Kultur und Soziales fließen. So kann tatsächlich erkämpft werden: Abrüstung für Entwicklung!

Von Deutschland soll nur Frieden ausgehen!