Rojava – Ausstellung und Veranstaltungen im März 2017 – ein Bericht
Rojava – Ausstellung und Veranstaltungen im März 2017
Vom 1. bis zum 27. März 2017 wurde im Kulturzentrum Pavillon die Ausstellung ‚ROJAVA – Frühling der Frauen‘ gezeigt. Sie ist aus einer Reise nach Rojava mit der Frauenstiftung WJAR (Stiftung der freien Frauen von Rojava) im Dezember 2015 entstanden.
Rojava ist ein relativ autonomes Gebiet im Norden Syriens. Kobane, eine Stadt in Rojava, rückte als Symbol des Widerstands gegen den IS für eine kurze Zeit ins Zentrum der Weltöffentlichkeit – jetzt ist sie weitgehend aus der medialen Wahrnehmung wieder verschwunden. Gegenwärtig wird das fast vollständig zerstörte Kobane wieder aufgebaut. Darüber hinaus aber geht es in Rojava um den Aufbau demokratischer, selbstbestimmter Strukturen. Dazu gehören zentral die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen auf allen gesellschaftlichen Ebenen und die Einbindung bereits existierender Frauenstrukturen. In Rojava wird ein neues Gesellschaftsmodell erprobt, das z. B. die Trennung von Staat und Kirche vorsieht und versucht, alle ethnischen, religiösen und sprachlichen Gruppen gleichermaßen an der Gesellschaft zu beteiligen.
Die Ausstellung zeigte anschaulich – verbunden mit erklärenden Texten – wie versucht wird, ein Modell nach und nach Realität werden zu lassen, das auch für uns Vorbildcharakter haben kann und das unsere Unterstützung und sicherlich auch solidarisch-kritische Nachragen verdient
Informationen finden sich unter: rojavafruehlingderfrauen.blogsport.eu und bei Interesse an Broschüre/Ausstellung wjar2014int@gmeil.com.
Zwei Veranstaltungen ergänzten die Ausstellung:
1. März 2016 – 19.00 Uhr, Pavillon ‚Ohne Freiheit der Frau keine Demokratie‘ . Referentin: Annett Bender, Mitarbeiterin der Ausstellung ‚Frühling der Frauen ‘: Referat und Diskussion. Die Referentin berichtete über Frauen, die in Rojava überall präsent sind und sich nach und nach alle wichtigen Bereiche erobern. „Wenn hier die Frauen aufhören würden zu arbeiten oder sich aus den Gruppen und Institutionen zurückzögen, würde die kurdische Gesellschaft völlig kollabieren.“
16. März 2016 – 19.00 Uhr, ‚Rojava – vom Aufbau einer Basisdemokratie in einer Kriegsregion
Bericht und Diskussion am 16.3. 19.00 im Raschplatzpavillon
Rojava – Aufbau einer Basisdemokratie in einer Kriegsregion
Die Referentin berichtete über den basisdemokratischen Ansatz und die aktuelle Situation in der nordsyrischen Region Rojava. Männer und Frauen, die hier eine zentrale Rolle haben, arbeiten in Kommunen und Räten gleichberechtigt und gemeinsam am Wiederaufbau und einem Leben in Freiheit und organisieren ihren gesamten Alltag incl. Produktion, Bildung und Verteidigung selbst. Wie funktioniert so ein selbstbestimmtes Leben in einer Region, die durch patriarchale Traditionen und religiöse Konflikte geprägt ist und die im Norden durch die Türkei, im Süden durch den IS bedroht wird? Wie können wir praktische Solidarität üben?
Getragen wurden Ausstellung und Veranstaltungen von: Friedensbüro Hannover; Raschplatzpavillon; Rosa Luxemburg-Stiftung Niedersachsen; SolidaritätsGruppe Rojava
Resümee: Beide Veranstaltungen ebenso wie die Ausstellung waren sehr gut besucht; es folgte ein lebhaftes solidarisches Gespräch. Derzeit konstituiert sich eine Gruppe, die kontinuierlich zum Thema Rojava arbeiten wird.
In dieser Gruppe, aber auch unabhängig davon, sollte Solidarität mit einem kritischen Diskurs verbunden bleiben. Zu oft schon haben wir ein Scheitern hoffnungsvoller alternativer Projekte erlebt.
- Wie gelingt es, die dem Gesellschaftsprojekt fragend bis feindlich gegenüberstehenden Menschen und Gruppen einzubinden? Denn es gibt sicher auch Verlierer_innen in Rojava.
Können traditionelle Strukturen mit dem neuen Ansatz demokratisch verbunden werden? - Wie kann es gelingen, eine geschlechtergerechte Gesellschaft aufzubauen? Was ist mit Männern, die ihre traditionellen patriarchalen Rechte verlieren? Wie können sie gewonnen werden? Wie wird auch der familiäre, private Bereich transformiert und in die öffentliche Diskussion einbezogen?
- Wie kann verhindert werden, dass die Verteidigungsarmee sich verselbständigt? Dass militaristisches Denken, militaristische gesellschaftliche Strukturen zu dominierenden Bereichen werden und nicht einer Notsituation geschuldete Bereiche sind, die es auch wieder abzuschaffen gilt?
- Wie kann dem äußeren Druck in einem Kriegs- und Krisengebiet standgehalten werden ohne dass nationalistische Tendenzen entstehen?
Bleiben wir solidarisch und kritisch. Damit wir voneinander lernen und uns so gegenseitig unterstützen können.