Das Friedensbüro nimmt Stellung zum Massaker an den kurdischen Menschen in Nordsyrien

 

(Angelehnt an den Initiativantrag zur ver.di-OV-Delegiertenkonferenz am 8.10.2014 in Hannover – der inzwischen angenommen wurde)

Angesichts des aktuell drohenden Massakers an den Kurdinnen und Kurden in Kobane (Rojava/Nordsyrien) durch die IS-Truppen fordert das Friedensbüro die deutsche Bundesregierung auf, deutlich gegen das Verhalten der Türkei in diesem Konflikt Stellung zu nehmen. Wir fordern weiter:

– Mehr humanitäre Hilfe für die Menschen in Kobane, aber auch für die gesamten kurdischen Gebiete und die Flüchtlinge in der Türkei

– Unterstützung der Kurd_Innen in Kobanê im politischen, diplomatischen und logistischen
Bereich.

– Sofortige Aufhebung des Embargos gegen die Selbstverwaltung und die Menschen in Nordsyrien/Rojava Ausweitung der humanitären Hilfe für die yezidischen Flüchtlinge auf Rojava.

– Öffnung der türkischen Grenze zu Kobane für die Kurd(inn)en

– Sanktionen gegenüber der Türkei, wenn sie weiterhin die IS unterstützt oder auf eine Invasion nach Syrien hinarbeitet

– Stopp der deutschen Waffenlieferungen an die Türkei, Katar und Saudi-Arabien

– Abzug der deutschen Patriot-Raketen aus der Türkei

– Sofortiger Stopp aller Waffen und Geldzuwendungen an den IS durch die Weltgemeinschaft

– Deutschland muss die Grenzen für Flüchtlinge öffnen und für Waffenexporte schließen. Die Aufnahme
von 100 000 Flüchtlingen aus dem Irak und Syrien ist nötig. Unser Land braucht eine politische
Strategie der zivilen Konfliktbearbeitung und eine konsequente Umschichtung der Mittel weg vom
Militär zum Zivilen.

– Das Recht zur Selbstverteidigung ist in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen festgelegt und
gibt jedem Mitgliedstaat das Selbstverteidigungsrecht gegen einen bewaffneten Angriff. Dieses Recht
kann den Menschen in Kobane und in allen vom IS bedrohten Staaten und Regionen nicht
abgesprochen werden.

Weiter rufen wir die Menschen in Hannover und Umgebung auf, sich an den gewaltfreien Protesten der Kurd(inn)en aktiv zu beteiligen.

Begründung:

Die Kurd(inn)en in Rojava (Nordsyrien) haben in den letzten 2 Jahren eine basisdemokratische Selbtverwaltung unter Einbeziehung aller Ethnien und Religionen aufgebaut. Sie haben einen dritten Weg gewählt und sich aus dem Bürgerkrieg herausgehalten. Zu den 2,5 Mio. Bewohnern sind über 1 Mio. Binnenflüchtlinge hinzugekommen. Trotz Embargo durch die Türkei und durch den Nordirak haben sie sich seit dem Frühjahr erfolgreich gegen die Angriffe der IS-Barbaren gewehrt. Seit 3 Wochen leisten die Verteidigungseinheiten in Kobane jetzt Widerstand mit leichten Waffen gegen die massiven Angriffe der IS mit Panzern und Raketen, die diese im Irak erbeutet haben. Jetzt droht Kobane zu fallen, und es droht ein weiteres Massaker gerade an den Frauen, die dort gleichberechtigt sind und mitkämpfen.

Die Türkei hat die IS-Kämpfer offen und verdeckt unterstützt, weil sie das Modell „Rojava“ beseitigen wollte und mehr Einfluss in Syrien bekommen wollte. Dabei hat sie den im März 2013 begonnen Friedensprozess aufs Spiel gesetzt.

Jetzt brennt die Türkei. Die Polizei geht brutal gegen Demonstrant_innen vor. In einigen Städten dort wurde Ausgangssperre verhängt. Seit gestern wurden mindestens 14 Demonstrant_innen erschossen von Polizisten, von Islamisten und deren Helfern und viele weitere verletzt. In vielen Städten insbesondere in Europa demonstrieren Kurd(inn)en und fordern auch von uns Solidarität und Unterstützung für ihre Brüder und Schwestern in Nordsyrien.