Friedensnewsletter Hannover Juli/August 2013
Trotz Sommerloch gibt es wieder einiges aus friedenspolitischer Sicht zu berichten. Wie jeden Sommer finden die Proteste gegen das Sommerbiwak der Bundeswehr statt. Dem entgegen setzen wir ein Friedensbiwak, das sich mit der Rolle des Fliegerhorstes in Wunstorf für die Planungen der Militärs beschäftigt. Außerdem gibt es neues zur Vereinnahmung der Kirchen durch die Bundeswehr. Außerdem findet das Bundesfinanzministerium Briefmarken mit Bundeswehrwerbung schick. Das alles und noch viel mehr auf den folgenden Seiten. Der nächste Newsletter erscheint dann Anfang September. Eine layoutete Version gibt es hier
Hier die Themen im Einzelnen:
Aktuelle Termine
Mitgliederversammlung der DFG-VK
Militärpropaganda per Brief
Friedensbiwak 2013
Sommerbiwak 2013
Landeskirche Hannover bleibt dabei: Beerdigungen als Militär- und Politik-Spektakel
Linktipp: Wahlprüfsteine der Drohnenkampagne
Aktuelle Termine
Aktiventreffen am Mi, 17.7. um 19 Uhr im Kargah, Zur Bettfedernfabrik 1
Friedensbiwak 2013 am 01.08.2013, 19.30, ver.di Höfe
Mitgliederversammlung der DFG-VK am 08.08.2013, 19.00 Uhr Kargah, Zur Bettfedernfabrik 1
Proteste gegen das Sommerbiwak der Bundeswehr, 09.08.2013, 18.00 HCC
Mitgliederversammlung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Ortsgruppe Hannover/Braunschweig
Seit dem letzten Programmbeschluss der DFG-VK sind inzwischen 20 Jahre vergangen. Seitdem hat sich viel getan. Die Bundeswehr führt weltweit Krieg, die Wehrpflicht wurde abgeschafft, der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ hat militärische Intervention wieder zum allgemein akzeptierten Mittel der Politik gemacht, Drohnen und asymmetrische Kriegsführung stellen auch die Friedensbewegung vor neue Herausforderungen. Grund genug, das alte Programm kritisch zu hinterfragen und zu erneuern um als Friedensbewegung den sich aus der seit 1993 veränderten Lage und sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Darüber wollen wir diskutieren und den Rahmen für die politische Arbeit in Hannover für die nächste Zeit stecken.
Die Mitgliederversammlung findet am 8.8.2013, 19.00 Uhr ins Kargah (zur Bettfedernfabrik 1) statt.
Militärpropaganda per Brief
Die Bundeswehr genießt hohes Ansehen in der Bevölkerung. Das meint zumindest das Bundesfinanzministerium und spendiert der Truppe eine Briefmarke.
Dieser neue Versuch das miserable Ansehen der Bundeswehr zu verbessern kann nur als militaristische Propaganda bezeichnet werden. Den Entgegen stell sich die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen mit einer Gegenkampagne.
Unter http://feldpost.dfg-vk.de ruft die Friedensbewegung zur Unterstützung und Kauf einer Briefmarke auf, die zum Gedenken an die Opfer von Kunduz erscheinen soll. Erscheinungstermin wird der 01.09.2013 sein.
Unabhängig davon gibt es ganz einfache Tipps, wie man sich gegen die kostenlose Bundeswehrwerbung auf dem Brief wehren kann:
– Beim Kauf diese Briefmarke höflich aber bestimmt ablehnen
– sofern man entsprechend frankierte Briefe erhält: Das Gespräch mit den Absendenden suchen oder die Annahme verweigern
Unabhängig von dieser Aktion hat auch das Netzwerk Friedenssteuer eine Briefmarke erstellt, die zur zukünftigen Verschickung der persönlichen Hauspost verwendet werden kann: http://blog.friedenssteuer.de/2013/06/12/friedenssteuer-briefmarke-kommt-wieder/
Friedensbiwak 2013 – Krieg beginnt hier. Der Wunstorfer Fliegerhorst und seine Rolle für weltweite Militäreinsätze
1.8. 2013, 19:30, ver.di Höfe Saal 3, Goseriede 10
In der Region Hannover befindet sich derzeit die größte Baustelle der Bundeswehr. Auf dem Fliegerhorst Wunstorf werden Landebahnen und Logistikgebäude für das Großraum-Transportflugzeug Airbus 400 M hergerichtet. Außerdem wird ein Flugleitsystem installiert, das Starts und Landungen bei Tag und Nacht und jeder Wetterlage ermöglicht.
Dieser Militärflugplatz erhält für zukünftige internationale Kampfeinsätze von Bundeswehr und Nato strategische Bedeutung, weil von hier große Mengen an Menschen und Material in kurzer Zeit weltweit in alle Kriegsgebiete ausgeflogen werden können.
Gleichzeitig hat der Standort eine jahrelang verschwiegene, düstere Geschichte: Hier wurden während der NS-Zeit im Traditionsgeschwader Boelcke Bombereinheiten ausgebildet, die an der Zerstörung von Guernica/Gernika, Coventry und vielen anderen Städten beteiligt waren. Bis heute wird in der Ju 52-Halle auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst liebevoll das Andenken an Wehrmachtsflugzeuge gepflegt.
Im Rahmen des Friedensbiwaks referiert Hubert Brieden über Geschichte und Gegenwart des Wunstorfer Horstes. Brieden ist Autor des Buches „Luftwaffe, Judenvernichtung, Totaler Krieg“ und der Ausstellung „Ein voller Erfolg der Luftwaffe“.
Aufruf gegen das Sommerbiwak 2013
Krieg beginnt hier-
Gekämpft und gestorben wird woanders! Wir nehmen Krieg in der Regel nur medial wahr. Dennoch wird von hier aus geplant, organisiert, Kriegsgerät produziert und in alle Welt transportiert. Vom Fliegerhorst Wunstorf aus gehen Militärtransporte in die ganze Welt. In der Emmich Cambrai-Kaserne in Hannover findet die Militärpolizeiausbildung zur Aufstandsbekämpfung statt und in Unterlüß lässt Rheinmetall Panzer bauen. In der Stadt Hannover befindet sich der Stab der ersten Panzerdivision, sie ist die Kriegsdivision des deutschen Heeres. Seit Beginn der Auslandseinsätze der Bundeswehr ist die 1 . Panzerdivision dabei.
Damit die Militärs in Ruhe ihre Kriegsvorbereitungen treffen können, damit sie ihre Kriege führen können, damit auch die Rüstungsindustrie expandieren kann – dafür wird Stillschweigen gebraucht im eigenen Land oder noch besser: Zustimmung. Um diese Zustimmung herzustellen, wird auch gefeiert.
Zum 40. Mal soll dieses Jahr in Hannover das so genannte Sommerbiwak, die Feier der 1 . Panzerdivision, stattfinden. Zum 40. Mal soll versucht werden, eine enge und persönliche Verbindung zwischen Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Bundeswehr zu erreichen. Varieté, Militärmusik und Feuerwerk sollen das Militär als Happening in den zivilgesellschaftlichen Alltag integrieren und die Beziehungen von Militär und Wirtschaft vertiefen. Zum 30. Mal jährt sich auch die Patenschaft der Stadt Hannover mit der 1. Panzerdivision.
Beides wird dieses Jahr mit der Parole: „Miteinander verbunden – füreinander einstehen“ beschworen.
„Miteinander verbunden“ sind ohne Frage die Rüstungsindustriellen samt Kriegsminister und deren Parteien mit dem Militär. Ohne Skrupel, da der Profit winkt, verkaufen sie Panzer – tauglich für die Aufstandsbekämpfung in den Städten – z.B. nach Saudi Arabien, ein autoritäres Regime par excellence. Oder an den NATO-Partner Türkei, der mit diesen Waffen seit Jahren gegen die kurdische Bewegung vorgeht und inzwischen offen mit dem Einsatz des Militärs gegen die eigene Bevölkerung droht. Um ganz vorne mit dabei zu sein, wollen sie Kampfdrohnen, um weltweite kapitalistische Profitinteressen deutscher Konzerne und die Erweiterung der Einflusssphähren von Deutschland und Europa weltweit mit Waffengewalt durchzusetzen. Sie schaffen damit einen mörderischen Alltag des extra-legalen Tötens!
„Füreinander einstehen“ bedeutet: Die Bevölkerung muss die immensen Kosten der Rüstungsinvestitionen tragen und bedingungslos an anderer Stelle, z. B. in der Bildung, zurückstecken. Und für noch mehr soll eingestanden werden: Schon ohne Drohnen sind die Aktionen der Soldaten und Soldatinnen aus Deutschland für die in den Einsatzorten lebenden Menschen tödlich. Wir erinnern an den Angriff auf ZivilistInnen in Kunduz in Afghanistan, bei dem aufgrund eines Einsatzbefehls von Oberst Klein über 1 42 Menschen getötet wurden. Die Bundeswehr stellte fest, der Oberst habe nicht gegen die Einsatzregeln verstoßen. Oberst Klein ist inzwischen zum Brigade-General befördert worden.
Nicht mit uns! Wir stehen nicht für diese mörderischen Geschäfte ein! Wir rufen zu Widerstand gegen diesen Schulterschluss auf! Wir sind nicht verbunden – nicht mit den Befehlsgebenden, nicht mit den diese deckenden Politikern und Politikerinnen, nicht mit den Unterstützenden, nicht mit den Ausführenden!
Wir sind nicht verbunden – Die Patenschaft der Stadt Hannover mit der 1. Panzerdivision muss weg. Wir wenden uns gegen die Normalisierung des Krieges. Militär raus aus der Stadtgesellschaft, raus aus den Schulen, raus aus den Universitäten!
Widerstand gegen die 1. Panzerdivision und das
Sommerbiwak. Kommt alle zur Kundgebung am HCC
und nehmt an der anschließenden Demonstration
in die Innenstadt teil!
FR. 09.08.2013 18:00 HCC
Lasst uns den Krieg stoppen, auch in Hannover
Landeskirche Hannover bleibt dabei: Beerdigungen als Militär- und Politik-Spektakel
Landeskirche möchte weiterhin Trauerfeiern anlässlich der Tode von Soldaten und Soldatinnen in den Kirchen mit politischem Rahmen ausgestalten und Hausrecht an die Bundeswehr abgeben.
Ende Mai bzw. Anfang Juni haben wir an dieser Stelle ein Rundschreiben der evangelischen Landeskirche Hannover veröffentlicht und Stellung bezogen.
Die Kirchenleitung fordert in ihrem Schreiben alle Gemeinden auf, im Falle von Beerdigungen von im Dienst getöteten SoldatInnen, die Gestaltung von Trauergottesdiensten samt Hausrecht des geschützten Raums der Kirche an das Bundesverteidigungsministerium respektive die Bundeswehr zu übertragen.
Wir sind darüber sprach- und fassungslos, weil wir das Hausrecht der Kirchen in ihren eigenen Gotteshäusern für elementar halten, das sie u.E. nicht aus ihren eigenen Händen geben dürfen. Einen Grund für unsere Haltung sehen wir u.a. darin, dass Flüchtlinge oder andere benachteiligte und gefährdete Gruppen in dieser Zeit den ihnen so lebensnotwendigen Schutz nicht erhalten könnten.
Die – wenn auch nur impliziert ausgesprochene – Weisung wurde presseöffentlich und fand in einigen Zeitungen bundesweit kritische Resonanz.
Offensichtlich aus diesem Grunde hat der “Geistliche Vizepräsident” der Landeskirche Hannover nun mit Datum vom 17. Juni 2013 ein weiteres Schreiben an die Kirchenvorstände und Pfarrämter der hiesigen Kirchengemeinden gerichtet, das wir hiermit der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Es habe “weitere Gespräche mit dem Bundesverteidigungsministerium” gegeben, so heißt es darin und angeblich “widersprüchliche Pressemeldungen” seien “nicht abschließend rechtlich geklärter” Fragen zur Kirchen-Hausrecht-Übertragung geschuldet gewesen.
Was in diesem neuen Gemeindebrief auf den allerersten Blick als ein Zurückrudern der Kirchenführung aussieht, erscheint uns dann allerdings bei genauerem Hinsehen als eine Zementierung der im vorigen, umstrittenen Rundschreiben angekündigten Praxisempfehlung.
So heißt es im neuen Anschreiben unter anderem:
“Die evangelische Militärseelsorge empfiehlt jetzt, dass Kirchengemeinden im Falle geplanter Zentraler Trauerfeiern schriftliche Vereinbarungen mit der Bundeswehr treffen sollten und steht für Beratung in einer solchen Situation zur Verfügung. Das kann so aussehen, dass auch ohne eine Übertragung des Hausrechtes Absprachen getroffen werden, wie die Ausübung des Hausrechtes geregelt wird, den Sicherheitsanforderungen Genüge getan wird, zugleich aber auch die Interessen der Kirchengemeinde berücksichtigt werden.”
Das wäre, was die Praxis beträfe, nichts anderes, als das zuvor angekündigte: Die Herrschaft militärischer Kräfte im Kirchenhaus und die Definitionsgewalt darüber, wer als “Störer” gilt und wer nicht und dieses Vorhaben bereitet uns Sorgen, weil wir das Hausrecht sicher in kirchlichen Händen wissen möchten.
Die Landeskirche konkretisiert sogar weiter:
“Bei der Trauerfeier wird zwischen einem kirchlichen Gottesdienst und einem staatlichen Akt deutlich unterschieden, auch wenn beide Feiern nacheinander in der Kirche stattfinden. Die inhaltliche und liturgische Verantwortung für den Gottesdienst liegt bei der evangelischen und der katholischen Militärseelsorge, in Abstimmung mit dem örtlichen Pfarramt. Eine Einflussnahme staatlicher Stellen auf Form und Inhalt des Gottesdienstes ist ausgeschlossen.”
Und fortfahrend:
“An der zeitlichen und örtlichen Verbindung der beiden Feiern möchten wir festhalten, denn zwei Trauerfeiern an verschiedenen Orten ist den Angehörigen nicht zuzumuten. Das haben Gespräche in der Vorbereitung bisheriger Trauerfeiern deutlich ergeben.”
Die Pfarrer, Pastoren und Pastorinnen der Militärseelsorge sind vom Bundesverteidigungsministerium auf Zeit verbeamtete und von dort bezahlte Geistliche – diese Menschen sollen nun also bestimmen, auf welche Art und Weise ein Mensch zur letzten Ruhe begleitet wird? Und dann meint die Kirchenleitung auch noch am besten zu wissen, was für die trauernden Freunde und Verwandte des/der Toten am besten wäre?
Wir verspüren in uns Widerstand, wenn wir vernehmen, das Militärgeistliche zukünftig eine Trauerfeier von Gefallenen gestalten sollen. Hat doch gerade Deutschland mit der Verbindung von Staat und Kirche negative Erfahrungen gemacht.
Wir finden dafür keine passenden Worte!
Wir möchten daher:
– dass auch ein im Dienst getöteter Soldat bzw. eine im Dienst getötete Soldatin wie ein Mensch, wie jeder andere Mensch gesehen wird. Uns ist es wichtig, dass die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsministerium sich aus Trauerfeiern heraushalten. Denn nach dem Sterben ist ein Mensch ein Mensch und kein Soldat oder Soldatin mehr!
– dass eine Beerdigung weder zu politischen noch zu ideologischen Zwecken eingesetzt, aus unserer Sicht missbraucht wird.
– dass die Bundeswehr eine finanzielle Unterstützung der Trauerfeier nicht davon abhängig macht, ob sie diese gestalten und damit instrumentalisieren darf oder nicht.
– dass die Kirche einen unabhängigen Dienst am Menschen vollzieht.Deshalb ist es uns wichtig, dass sie nicht weiter vom Geld des Militärs bezahlte Geistliche die Soldaten beim Dienst mit der Waffe und im Krieg in deren Einsätzen unterstützen.
Wir unterstützen die Forderung der ökumenischen Initiative zur Abschaffung der Militärseelsorge.
Wir bitten die Bundeswehr, den Irrweg von immer mehr Auslandseinsätzen im Sinne “der Sicherung freier Handelswege” oder mit der Scheinbegründung des “Kampfes gegen den Terror” aufzugeben. Denn noch immer gilt die Devise:
Nie wieder Krieg mit deutscher Beteiligung!
Disclaimer:
Dieser Text ist von einigen Menschen aus dem Friedensbüro Hannover verfasst worden. Die Gesamtheit des Friedensbüros versteht sich jedoch als Gruppe jenseits irgendwelcher Zuordnungen von Konfessionen oder Glaubensfragen.
Linktipp: Wahlprüfsteine der Drohnenkampagne
Zur Unterstützung der Entscheidungsfindung hat die Drohnenkampagne Wahlprüfsteine erstellt und wartet jetzt auf die Antworten der Parteien. Fragen und Ergebnisse finden sich http://drohnen-kampagne.de/wahlprufsteine-btw-2013/
Regelmäßige Termine des Friedensbüros Hannover
Friedenspolitischer Arbeitskreis an jedem 1. Dienstag im Monat um 19 Uhr im Kargah, Zur Bettfedernfabrik 1 (Hannover, FAUST-Gelände)
Aktiventreffen an jedem 3. Mittwoch im Monat um 19 Uhr in Hannover im Haus der Jugend, Maschstr.
Friedenspolitischer Stammtisch an jedem 4. Freitag im Monat um 19 Uhr im Café K, Hannover Linden; Pariser Platz
Abschließende Hinweise
Leider können sich Termine ändern oder verschieben. Aktuelle Informationen finden sich unter www.friedensbuero-hannover.de.
Dieser Newsletter wird herausgegeben vom Friedensbüro Hannover und der DFG-VK Hannover.
Kritik, Hinweise und Vorschläge bitte an newsletter@frieden-hannover.de
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