friedenspolitisches vom Kirchentag
Vom 1. bis zum 5. Mai 2013 fand in Hamburg der 34. Evangelische Kirchentag statt – auch einzelne Menschen vom Friedensbüro Hannover waren mit dabei. Ein kurzer Bericht.
Eine Reihe von Hamburger Friedensgruppen haben parallel zum Kirchentag und für jede und jeden kostenlos zugänglich ein umfangreiches und gut organisierte „Klotzfest“ veranstaltet. Am so genannten „Hamburger Klotz“, einem kriegsverherrlichenden Denkmal am Dammtor, wurde über drei Tage hinweg ein umfangreiches Informations- und Kulturprogramm angeboten. Dieses Friedensfest war so etwas wie unsere Heimat, wir haben viele Freundinnen und Freunde getroffen und neu kennenlgelernt.
Zudem haben die Hamburger ein großes Zwischenziel erreicht, nämlich den senatsbewilligten Plan zur Erstellung eines Deserteursdenkmals. In diesem Kontext war dann auch Ralf Buchterkirchen als Teil einer Gesprächsrunde stellvertretend für die hannoversche Initiative zur Errichtung eines öffentlichen Mahnmals für Deserteure und Kriegsdienstverweigerer Teil des Klotzfestes und konnte die zur Zeit ziemlich verfahrene Situation in unserer Stadt vorstellen. Einig waren sich alle in einem: Ein Deserteursdenkmal hat nur wenig Sinn, wenn es nicht einer ständigen Erinnerung und einer dauerhaften öffentlichen Debatte dient sondern nur als Feigenblatt dient und möglichst fernab der allgemeinen Kenntnisnahme versteckt wird, so wie in Hannover von den Verwaltungsorganen derzeit beschlossen und geplant.
Auf dem eigentlichen Kirchentag haben wir u.a. zusammen mit anderen zusammen versucht, der ökumenische Initiative „Militärseelsorge abschaffen“ bzw. „Kein Segen für das Militär“ ein wenig Aufmerksamkeit zu verschaffen. Mit entsprechenden Schildern besuchten wir den Eröffnungsgottesdienst am Hamburger Rathaus, den Markt der Möglichkeiten und einige der Veranstaltungen, an denen der Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière sein Stelldichein gab.
Dabei gab es zahlreiche Zustimmung und Unterstützung, aber ebenfalls auch viele Diskussionen, zumeist, sofern man sich offenbarte, mit Vertretern der Bundeswehr oder deren Angehörigen. Wir mussten erfahren, dass die Absichten der Initiative von diesen zumeist nicht umfänglich verstanden worden war und dass zudem eine sachbezogene Debatte aufgrund der vorgetragenen Emotionalität mitunter nicht möglich oder gewollt gewesen ist. Schade. Einige Vorwürfe und Anschuldigen haben wir zudem nicht als gewaltfrei oder friedensstiftend empfunden. Aber immerhin: wir haben das Thema weitergetragen.
Der Evangelische Kirchentag wird heutzutage nicht nur von vielen Konzernen und Unternehmen der Privatwirtschaft gesponsort und damit bezahlt, auch einige Bundesministerien unterstützen diese Veranstaltung finanziell. So war es kein Wunder, dass im Vorfeld der Bundestagswahl eine große Zahl der Politik-Prominenz sich ein Stelldichein gab und ihre christliche Seite zum Vorschein brachten. Der Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière durfte insgesamt vier mal eine öffentliche Bühne des Kirchentags betreten und seine kriegsfreundlichen Positionen dort verbreiten. Zu mindestens drei dieser Veranstaltungen regte sich allerdings deutlicher Protest. Der Minister versuchte diese zum Teil zu ignorieren, dank der weitgehend unkritischen Kirchentagsorganisation mit Hilfe gehorsamer Pfadfinder-Gehilfen wurde an vielen Stellen versucht, diesen Protest einzudämmen oder zu unterbinden. Jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Am deutlichsten fiel die Kritik am Samstag morgen aus, als dem Verteidigungsminister doch tatsächlich der Michel, die mithin berühmteste Kirche Hamburgs, mit Polizei, zahlreichen zivilen Polizisten und Spürhunden freigeräumt und „gesichert“ wurde, damit dieser dort eine „Bibelarbeit“ durchführen könnte. Trotz Personenkontrollen und dem Verbot, kritische Plakate mit in die Kirche zu nehmen, fanden sich dann dort eine Reihe voneinander unabhängier Protestierende wieder, die es als unerträglich empfanden, dass ein Minister, der sich offen und ohne scheu für die Tötung von Menschen ausspricht, im Rahmen eines angeblich christlichen Festes ein derartiges sakrales Podium zur Verfügung gestellt bekommt.
Bemerkenswert, aber schade ist, dass die meisten Berichte der „großen“ Presse so gut wie keinen objektiven Bericht zu alledem gebracht haben. Mal wird der Protest ganz verschwiegen, in anderen Veröffentlichungen wird gar von „Störer“ gesprochen und die Gewaltfreiheit und Friedlichekeit des Protests bleibt unerwähnt, und schließlich meint eine weitere große Tageszeitung dann aber, es handele sich um einen „lahmen“ Protest und ob nicht mehr drin wäre bei den Christen – was hätte der Autor der SZ wohl geschrieben, wenn sein persönliches Bedürfnis an Aufregung und Spektakel erfüllt worden wäre? Doch wie auch immer: ein umfangreicher und sachlicher Bericht findet sich dazu hier: http://hh-mittendrin.de/2013/05/mittgeschrieben-fur-kritik-ist-an-anderer-stelle-zeit/
Schließlich ergab es sich noch, dass einige Mitglieder des Friedensbüros zum gleichzeitig stattfindenden Humanistentag eingeladen worden sind. Dort wurde ihnen freundlicherweise die Gelegenheit geboten, zu einer Diskussion zwischen dem Humanisten Michael Schmidt-Salomon und dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister das letzte Wort zu ergreifen. Dabei betonten wir die Grundprinzipien der Gewaltlosigkeit, des Pazifismus und der Menschlichkeit, auf der wir die Arbeit im Friedensbüro Hannover zu gründen versuchen und haben zudem auf die Kampagnen gegen die derzeitige Militärseelsorge und zur Absage an Drohnen für Krieg, Überwachung und Unterdrückung hinweisen können. Aus unserer Sicht war das ein guter und notwendiger Contrapunkt zum Eindruck, der aus der vorherigen Diskussion mit Herrn Meister entstanden war und bei dieser Gelegenheit noch einmal herzlichen Dank für die Offenheit und den freundlichen Empfang durch die Vertreter des Humanistentags!