Atomwaffen A-Z: Kubakrise

An dieser Stelle informieren wir regelmäßig über Tatsachen und Begriffe aus dem Bereich der weltweiten Bedrohung durch nukleare Waffen.
Heute für die Jüngeren:  Was war Die Kuba-Krise‘ ?
engl.: Cuban missile crisis

Niemals in der Geschichte der Menschheit war die Welt näher am Rande eines nuklearen Krieges als zum Zeitpunkt der Kubakrise vom 16. bis zum 28. Oktober1962. Im Falle einer amerikanischen Invasion wären die sowjetischen Oberbefehlshaber auf Kuba autorisiert gewesen, Atomwaffen einzusetzen. Chruschtschow hatte eigentlich nicht damit gerechnet, eine solche Krise herauf zu beschwören, sondern wollte den Amerikanern etwas „von ihrer eigenen Medizin“ verabreichen: ihn ärgerten die „imperialistische Umkreisung“ der UdSSR, insbesondere die amerikanischen Raketenbasen in der Türkei. Nun sollten auch die USA mit feindlichen Raketen in ihrem Hinterhof leben. Aber es gab auch andere Motivationen. Kuba sollte als sozialistisches Musterbeispiel für ganz Lateinamerika gelten, das natürlich mit allen Mitteln gestärkt und verteidigt werden musste; insbesondere, weil die USA mit ihrem misslungenen Invasionsversuch in der Schweinebucht 1961 – einem Unternehmen, das von CIA-unterstützten Exilkubanern durchgeführt worden war – bewiesen hatte, wie ernst sie es mit Kuba meint. Sowohl Chruschtschow als auch Fidel Castro rechneten fest mit einer weiteren Landung, die allerdings nicht wieder so stümperhaft durchgeführt werden würde. Die Stationierung von Nuklear-Raketen sollte nun jedem Invasionsversuch vorbeugen. Dass sich die Auseinandersetzung so dramatisch verschärfte, lag vielleicht auch daran, dass die amerikanische Regierung völlig überrascht wurde: am 11. September zum Beispiel wurde von der sowjetischen Regierung offiziell versichert, dass keine Atomwaffen für Kuba vorgesehen seien, am 19. September lag sogar ein Bericht des amerikanischen Geheimdienstes vor der besagte, dass Kuba als strategischer Stützpunkt der Sowjetunion nicht in Frage käme.

Chronologischer Überblick

16.10.1962:
Präsident Kennedy erfährt von Luftaufnahmen, die ein Spionageflugzeug U-2 am Tag zuvor in der Nähe von San Christóbal, Kuba genommen hat. Sie zeigen die Errichtung von Raketenstellungen für die Raketensysteme SS-4 und SS-5. Er richtet daraufhin das EX-COMM (Executive Commitee) ein, welches aus seinen 12 wichtigsten Beratern und Ministern besteht, u.a. Präsident John F. Kennedy, Außenminister Dean Rusk, Verteidigungsminister Robert McNamara, Justizminister Robert F. Kennedy.

17.10.1962:
Weitere Luftaufnahmen beweisen die Existenz von min. 16, vielleicht sogar 32 Raketen mit einer Reichweite bis zu 1600 km, die innerhalb einer Woche einsatzbereit wären; außerdem werden IL-28 Bomber montiert.

18.10.1962:
Der sowjetische Außenminister Gromyko trifft mit Präsident Kennedy zu (lange vor der Krise geplanten) Gesprächen. Er betont, dass keine Offensivwaffen, sondern nur landwirtschaftliche Hilfe und wenige Defensivwaffen an Kuba geliefert würden.

20.10.1962:
Präsident Kennedy ordnet eine Seeblockade Kubas an, entgegen vielen anderen Meinungen, die einen Luftangriff gefordert hatten. Für Raketenmannschaften wird die höchste Alarmstufe ausgerufen, Truppen werden nach Florida gezogen, das Luftkommando verteilt sich auf Zivilflugplätze, die Marine entsendet 180 Schiffe in das Karibische Meer. Sowohl Adenauer, de Gaulle und alle anderen NATO-Staaten als auch die Organisation of American States (OAS) geben ihre uneingeschränkte Zustimmung zu den US-amerikanischen Aktionen.

22.10.1962:
Präsident Kennedy informiert die Öffentlichkeit über die Vorgänge und bezeichnet die Quarantäne als erste Maßnahme.

23.10.1962:
Die im Bau befindlichen Abschussrampen auf Kuba werden erst jetzt getarnt.

24.10.1962:
Um 10.00 Uhr tritt die Blockade in Kraft, einen Kreis mit einem Radius von 800 Seemeilen um Kuba bildend. Dieser Radius wurde aber schnell auf 500 sm verringert, um den sowjetischen Schiffen Zeit zu geben, sich Instruktionen einholen zu können. Die 20 Schiffe, die der Quarantänezone am nächsten waren, halten oder wenden um 10.32 Uhr.
Zweimal täglich werden von der USAF Tiefflüge über Kuba geflogen.

25.10.1962:
Die Arbeiten an den Raketenanlagen und den IL-28 Bombern werden in außerordentlichem Tempo bei Tag und Nacht fortgesetzt.

26.10.1962:
Ein erstes (nicht-sowjetisches) Schiff wird gestoppt und durchsucht, darf aber später weiterfahren, da es ausschließlich nicht-militärische Güter geladen hat. Chruschtschow richtet eine Nachricht direkt an Präsident Kennedy, in dem er Verhandlungen über den Status quo vorschlägt. 12 Stunden später schreibt er eine weitere Botschaft, in der er den Rückzug der sowjetischen Offensivwaffen von Kuba und eine Nichtangriffsgarantie gegen die Türkei im Tausch gegen den Rückzug amerikanischer Jupiter-Raketen aus der Türkei und eine Nichtangriffsgarantie gegen Kuba vorschlägt.

27.10.1962:
Präsident Kennedy antwortet nur auf Chruschtschows erstes Schreiben und nennt den Abzug der Angriffswaffen als Bedingung für die Aufhebung der Blockade. Justizminister Kennedy äußert dem sowjetischen Botschafter in Washington, Anatoli Dobrynin, mit dem er während der gesamten Krise über in Kontakt stand, gegenüber die Besorgnis des Präsidenten in Bezug auf die Entwicklung der Dinge und droht mit Angriffen auf die Raketenbasen, wenn diese weitergebaut werden sollten. Außerdem wird eine U-2 über Kuba abgeschossen; für diesen Zwischenfall übernimmt Castro die Verantwortung.

28.10.1962:
Am letzten Tag der eigentlichen Kubakrise wird ein Abzug der sowjetischen Offensivwaffen unter UNO-Aufsicht vereinbart, der auch sofort beginnt.

20.11.1962:
Nachdem der Rückzug vollzogen ist, wird die Blockade aufgehoben.

(Quelle: IPPNW, Home | atomwaffenfrei. jetzt C | Atomwaffen A-Z)