Überlegungen zu Russland

Wir erleben gegenwärtig eine unglaubliche anti-russische Kampagne. Aus dem Nichts wurden Behauptungen in die Welt gesetzt, als wären sie Tatsachen, mit der Folge, dass in wenigen Tagen 20 NATO-Länder, darunter auch Deutschland, sich in einer beispiellosen Vorverurteilung dem Standpunkt GBs anschlossen, mit Konsequenzen auf höchster Ebene: mit Ausweisung russischer Diplomaten, auch aus der NATO, Anklage vor der UNO, der Androhung von Sanktionen, bis hin zu militärischer Konsequenzen.
Was war der Anlass? Der russische Ex-Spion Skripal und dessen Tochter sind im englischen Salisbury in Kontakt mit einem Nervengift gekommen und schweben in Lebensgefahr. Dabei soll es sich um das militärische Nervengas aus russischer Produktion oder Entwicklung handeln, dass seit langem international verboten ist und unter Aufsicht vernichtet worden ist. Sofort wurde der russische Geheimdienst verdächtigt, ein Attentat verübt zu haben.
Die Umstände dieses Attentats aber sind so merkwürdig, dass viele Journalisten und Politiker bezweifeln, dass tatsächlich ein politisches Verbrechen vorliegt, noch dazu von Putin persönlich beauftragt, wie von den Briten unterstellt wird. Ich habe einige dieser besonderen Umstände zusammengetragen.
a) Zunächst die Geheimniskrämerei der Brit. Polizei und Politik. Sie legt trotz dieser massiven Beschuldigung bis heute keine Beweise vor, behauptete aber sofort, sie habe eindeutige Beweise, und startete gleichzeitig eine Empörungsoffensive ungeahnten Ausmaßes.
b) Es folgte die sofortige Unterstützung durch die verbündeten Nato-Partner, ohne die Prüfung durch die unabhängige Untersuchungskommission abzuwarten,
c) GB fordert von Russland innerhalb eines Tages an der Aufklärung mit zu wirken, weigerte sich aber Proben des Gifts zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen, wodurch sie ja eine Aufklärung verhindert.
d) Weiter fiel die völlig einseitige Ermittlung auf, in Richtung Russischer Geheimdienst und Putin als Auftraggeber, ohne dass andere, kriminelle Spuren verfolgt wurden, deren ja viele denkbar wären. U.a. eine Selbstvergiftung, da es ausgerechnet in Salisbury das Giftgas-Forschungszentrum Porton Down gibt, womit der Ex-Agent zu tun gehabt haben könnte. (Anm: Selbst bei einem Terroranschlag wird niemals gleich auf einen Islamistischen Hintergrund geschlossen, bevor nicht Bekennerschreiben und andere Beweise vorliegen.)
e) Hier aber war von Anfang an von einem Attentat die Rede, als könne ein normales kriminelles Verbrechen ausgeschlossen werden. Daraus muss man schließen, dass eine politische Eskalation offensichtlich angestrebt wurde.
f) Da fragen sich Viele und ich auch, welche Motive sollte Putin denn angesichts der bevorstehenden Fußball-WM in Sotschi haben, die Weltöffentlichkeit derart gegen sich aufzubringen?
g) Ich vermute: Er soll international geschwächt und als Verbrecher hingestellt werden. Im Syrienkrieg verlieren die westlichen Verbündeten zur zeit an Einfluss und das lasten sie Russland an, ohne dessen Unterstützung sie Baschar al-Assad längst gestürzt, Syrien neu aufgeteilt und ein neues Regime errichtet hätten.
Wir erleben gegenwärtig eine gefährliche anti-russische Kampagne. Denn der Prozess ist noch lange nicht zu Ende – es können noch weitere Indizien aus dem Hut gezaubert und damit die öffentliche Meinung weiter feindselig beeinflusst werden.
Solange die Regierungen und Medien keine klaren Beweise fordern, die nur von einer unabhängigen Untersuchungskommission wie die der OPCW geliefert werden können und sie sich nur auf Zuruf den britischen Vorwürfen anschließen, können Lügen und Behauptungen weiter an die Stelle von Fakten treten und ungehindert eine feindselige, anti-russische Stimmung erzeugen. So kann man auch militär. Aktionen vorbereiten. Wir haben das erlebt. Es ist das gleiche Vorgehen wie im Irak-Krieg. Als die Beweise der Kommission schließlich vorlagen, dass es keine Atomwaffenproduktion im Irak gab, war der Krieg schon in vollem Gange, und die falschen Behauptungen hatten damit ihren Zweck erfüllt.
Wir OstermarschiererInnen kämpfen Jahr für Jahr für Frieden und Abrüstung in Europa. Wir wollen keinen kalten Krieg mehr und keine neue Gegnerschaft zu Russland. Denn wir erinnern uns:
Russland ist im 2. Weltkrieg von Deutschen Truppen ohne Grund, aus reiner Habgier überfallen und verwüstet worden, mit Millionen ziviler Opfer. Aber nach der Auflösung des Warschauer Paktes, 1989, wollte der russische Präsident Michail Gorbatschow ein neues Kapitel aufschlagen, mit einem Europa, das Russland einschließt. Er ermöglichte die Wiedervereinigung. Er tolerierte den Beitritt der Ex-DDR zur NATO und hat dies im 2+4 Abkommen nur an die Bedingung geknüpft: keine weitere Osterweiterung der NATO an den Grenzen Russlands. Diese dann im NATO-Russland-Vertrag festgehaltene Abmachung wurde nicht eingehalten. Mittlerweile sind 12 früher zum Ostblock gehörende Länder der Nato beigetreten. Das nennt man Einkreisungspolitik. Sie führte zu neuen Spannungen zwischen R. und dem Westen. Und Deutschland als Hauptnutzniesser der Entspannungspolitik rüstet im Rahmen der Nato und der EU wieder auf, besonders auch gegen Russland.
Nicht Russland unter Putin bedroht unser Land, sondern die Globalstrategie der Nato unter Führung der USA und ihrer Verbündeten. Trotz der Erfahrungen in unserer Geschichte lassen sich die Politiker der GroKo längst wieder von einem gefährlichen Vormachtstreben leiten und verspielen damit eine friedliche Zukunft dieses Landes.
Wir warnen unsere Regierung eindringlich davor, sich an der diplomatischen Eskalation gegen Russland zu beteiligen. Wir warnen vor härteren Wirtschafts-sanktionen, die auch uns empfindlich schaden werden, und nur die Spannungen verschärfen. Wir wollen keine propagandistische und erst recht keine militärische Aufrüstung gegen Russland.
Wir alle brauchen für die Zukunft unserer Kinder und Enkel ein friedliches Europa.
Wir fordern Zusammenarbeit mit Russland statt Konfrontation!
Frieden beginnt hier!

31.3.2018 – Hiltraud

2 Kommentare

  • ULRIKE Osswald

    Ich denke von Anfang an, dass der Angriff auf die Skripals nur den Zweck hatte, die Beziehungen Westeuropas zu Russland zu vergiften und die Bevölkerung kriegsbereit zu stimmen . Als Naturwissenschaftlerin fand ich schon die Beschuldigung Russlands bei der Polonium-Vergiftung des Spions Litwinenko abenteuerlich. Deshalb schließe ich mich der hier gegebenen Einschätzung und der Warnung an unsere Regierung an!

  • Frank Braun

    Hallo Hiltraud,

    den Aussagen in deinem Artikel kann ich nur zustimmen. Es herrschte am Ostersamstag auf dem Steintorplatz nicht vor allem wegen dem Regen eine seltsame Atmosphäre, sondern vor allem deshalb weil der von dir beschriebene Konflikt, obwohl sonst allenthaben virulent, in den Redebeiträgen gar keine Rolle spielte. Und außerdem ist es ja offensichtlich so, daß die ätzende Diplomatie-Offensive des freien Westens längst durch kriegerische und darin ganz praktische Aggressionen gegen die Russische Föderation begleitet werden. In Europa, im Donbass herrscht seit vier Jahren Krieg ! Auch und gerade dazu muß eine breite Friedensbewegung Stellung nehmen.
    Da stand ich nun als Aktiver an unserem ‚jungeWelt‘-Werbestand und hörte von Leuten aus Hildesheim und anderen Orten, die schon in den letzten Jahren immer zu Ostermarschzeiten hier waren, daß sie nicht mehr kommen möchten, weil das Friedensbüro und die ganze Veranstatung nicht auf der Höhe der Zeit ist.
    Dem konnte ich nur zustimmen. Ein Blick auf den Flyer verrät viel. Da wird nämlich der ärgste Kriegstreiber in Gestalt der US-Administration schon gar nicht mehr namentlich erwähnt. Wirken denn die törichten Verdunkelungsversuche von irgendwelchen ‚Antideutschen‘ schon so weit, daß dafür die Klarheit der Fakten geopfert wird ?

    Gruß
    Frank Braun, Gr.-Buchholz