Redebeitrag des Friedensbüros Hannover zu den Protesten gegen das Sommerbiwak

Glück Auf!‘, liebe Friedensbewegte, liebe antifaschistisch und antimilitaristisch Aktive, Menschenrechtsinitiativen, AtomkraftgegnerInen und Erwerbslose, Ihr seid jetzt alle Brandstifter und Terroristen, damit es in unserer Demokratur niemals langweilig wird.

Krieg gegen den Terror und demokratische Proteste: Teuren Militärparties wie dem ‚Sommerbiwak‘ möchten wir eigentlich nur mit Satire begegnen. Feiern als Werben fürs Sterben! Ein bisschen Spaß wollen wir haben, denn schließlich müssen wir die Politik und deren Folgen ja auch ertragen. Wir wollen darüber lachen, dass die Bundeswehr offiziell immer noch am Mythos des Kriegs gegen Terror festhält, Aber das Thema ‚Krieg‘ ist zu ernst, das Lachen bleibt im Halse stecken. Der ‚Krieg gegen den Terror wurde völkerrechtswidrig im Irak begonnen. Aber bereits 2003 hatte der SPD-Energie- und Rüstungsexperte Hermann Scheer dem SPIEGEL gesagt, der Hauptgrund des Irak-Krieges sei Öl. Die rot-grüne Regierung solle konsequent gegen den Krieg stimmen und an Auswegen aus der Abhängigkeit vom Öl arbeiten. Offiziell wurde Deutschland tatsächlich nicht am Irak-Krieg beteiligt, aber hintenherum wurde mitgeholfen, ratet mal für welche Seite. Der Krieg gegen Terror machte dann in Afghanistan weiter, ist jetzt bei Pakistan, und übermorgen vielleicht in Indien, nachdem schon 2011 ein US-Gericht die Mitverantwortung für 9/11 bei Irans Diktator Ahmadinedjad gefunden haben will. Die ‚Achse des Bösen, wie weiland Bush bereits feststellte! Das geht also immer so weiter, obwohl nicht nur Völkerrechtler den Mythos ‚Krieg gegen Terror‘ entzaubert haben, sondern auch US-amerikanische Journalisten, Juristen, ehemalige Regierungsmitarbeiter, nicht zuletzt auch Kriegsveteranen, gemeint sind hier natürlich sowohl Männer als auch Frauen. Am 21.Mai konnte auf dem Nachrichtenportal ‚Democracy Now‘, in einem Video gesehen werden, wie Veteranen und Veteraninnen zum NATO-Gipfel ihre Auszeichnungen wegwarfen. Sie taten dies als Zeichen der Solidarität mit den Menschen im Irak und in Afghanistan. Sie sagten, sie wurden belogen, missbraucht und indoktriniert.
Auch bei uns sind die Lügen der US-Regierungen ebenfalls die Lügen der deutschen Regierung. US-Militär setzte in den NATO-Kriegen Uran-Munition ein – Deutschland ist Teil der NATO!
Wirtschaftsinteressen: Die Mythen ‚Krieg gegen Terror‘ und ‚Bundeswehr für Demokratie und Menschenrechte‘ werden weiterhin bemüht, während bekanntermaßen Demokratie und Menschenrechte aufhören, wo wirtschaftliche Interessen anfangen.
Die aktuell gültigen ‚Verteidigungspolitischen Richtlinien‘ Deutschlands erlauben wirtschaftlich motivierte Angriffskriege als ‚Verteidigung‘ zur Sicherung von Handelswegen und Zugängen zu Rohstoffressourcen. Dürfen wir uns mit Gewalt nehmen, was anderen Menschen oder zu anderen Ländern gehört? Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sagt ganz klar, dass es für Menschenrechtsverletzungen keine Rechtfertigung gibt, auch nicht eine nationale Notlage. Doch nicht einmal die haben wir hier in Deutschland. Patenschutzrechte auf Nahrungsmittel haben nichts mit Menschenrechten und ‚Terrorismusbekämpfung‘ zu tun – aber alles mit Interessen der Nahrungsmittelindustrie.
Afghanistan im Krieg: Wer sich aber Feinde schafft, weil er andere Länder unter Vorwänden der Terrorismusbekämpfung besetzt und wer dort lediglich eine korrupte Regierung fördert, schwere Schäden anrichtet, Menschen tötet, Armut verschlimmert, der provoziert Widerwillen, Abwehr, Hass, und Gegengewalt.
Wir können nur sehr begrenzt wissen, was Bürger und Bürgerinnen Afghanistans tatsächlich für hilfreich halten, wenn gerade mal Dokumentarfilme wie „Generation Kunduz“ den Weg nach Deutschland finden. Die hannoversche Lokalpresse und der subventionierte Rundfunk waren nicht mal bei einer Informationsveranstaltung mit einer afghanischen Politikerin und ihren Landsleuten im Publikum. Was man insgesamt übers Internet, über alternative Medien und Berichte von Aktiven der Friedensbewegung erfahren kann, deutet darauf hin, dass die Menschen in Afghanistan zerrieben werden zwischen korrupter Regierung, NATO-Angriffen, Taliban, Kriegsherren, Drogenbaronen und materieller Not in einem kriegszerstörten Land, das schon sehr lange Spielball fremder Interessen ist. Die Rechte der Mädchen und Frauen waren nach entsprechenden Berichten höchstens in den 60er Jahren fortschrittlicher, aber gewiss nicht heute. Es gibt – wenn auch nur vereinzelt –glaubwürdige Dokumentationen über Afghanistan in den Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts und von 2000 bis heute. – Afghanistan kannte anscheinend bessere Zeiten, vor der sowjetischen Invasion und vor dem Krieg gegen den Terror.

Militarismus und Antimilitarismus: Antimilitarismus bedeutet gegen Landraub, gegen Militär und militärische Gewalt zu sein. Militarismus bedeutet Rüstung, bedeutet, eine Zivilgesellschaft kriegsbereit zu machen, ihr einzureden, dass sie ein besonderes Vorrecht hätte, Gewalt gegen andere anzuwenden. Wenn nach den Formulierungen der ‚Verteidigungspolitischen Richtlinien‘ keine Bedrohung durch Streitkräfte vorliegt, dann kann es sich auch nicht um einen ‚Verteidigungskrieg‘ handeln. Kriege um Ressourcen sind Raubkriege,– Kriege kosten zuviel, sie zerstören Leben, sie zerstören zwischenstaatliche und zwischenmenschliche Beziehungen und gleichfalls die die Umwelt. Doch – verstärkte Förderung der erneuerbaren Energien, Förderung der kleinbäuerlichen, ökologischen Landwirtschaft –und regionaler Wirtschaftskreisläufe hier und überall , damit für fremde Ressourcen keine Kriege geführt werden, das alles ist schwarz-gelb zu grün und zu links, und ‚links‘ ist ja neuerdings an sich schon Extremismus und potentieller Terrorismus.
Militarismus bedeutet, der Zivilgesellschaft einzureden, militärische Gewalt sei zivil, richtig und normal, und als hätte die deutsche Regierung keine Mitschuld an den Kriegen. Militarismus bedeutet, es sei völlig ok, Jugendliche schon mal an den Schießsimulator zu lassen, als sei militärische Gewalt tatsächlich die allerletzte Option gewesen, an die gedacht wurde, bevor die Angriffe erfolgten. Spiele wie POL&IS, das von Jugendoffizieren mit Schulklassen gespielt wird, rücken militärische Interventionen ständig ins Blickfeld, weil sie lediglich die bestehenden Verhältnisse und Bündnisse abbilden.
Es sind Menschen mit antimilitaristischen Anliegen, die z. B. mit Hilfe einer gewaltfreien Kampagne gerade versuchen, die Leopard-2-Panzer auf dem Weg nach Saudi-Arabien aufzuhalten. Der saudische König hatte militärisch nachgeholfen, damit es im benachbarten Bahrein bloß keinen arabischen Frühling gibt und damit die Proteste gegen Ungerechtigkeiten verstummen.

Das ist der Hintergrund, vor dem unsere antimilitaristischen Proteste stattfinden, an vielen Stellen und mit vielfältigen Aktionen – heute hier in Hannover gegen das Sommerbiwak der 1. Panzerdivision. Wir vom Friedensbüro Hannover zählen uns zu Militärgegnern- und -gegnerinnen, also allgemein gesagt zur antimilitaristischen Bewegung. Diese wurde unter anderem von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung für den Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge verantwortlich gemacht; übrigens zu einem Zeitpunkt als noch nicht mal das Bekennerschreiben vorgelegen hatte. Die HAZ hat einen Einheitsbrei aus Antimilitarismus, Gewaltbereitschaft, Linksextremismus und Terrornähe gekocht, anstatt Ermittlungsergebnisse überhaupt abzuwarten. Am Mittwoch
Hat sie dann noch mal nachgelegt und einen Leserbrief veröffentlicht, in dem gegen mangelnde Berücksichtigung der Bundeswehr und gegen Menschenrechtsrevolutionäre lamentiert wurde, die zu Spießbürgern werden, wenn sie staatliche Hilfe erhalten.
Die Medien täten gut daran, objektiv von unseren Protesten zu berichten statt – wie nach den Bränden der Militärfahrzeuge – hysterische und hypochondrische Verlautbarungen sofort abzudrucken, nur weil sie von ‚hochrangigen‘ Politikern oder Politikerinnen kommen. Die Medien täten noch besser daran, belegbare Informationen und Berichte über erfolgreiche Friedensbemühungen zu veröffentlichen statt die Kriegstrommeln zu schlagen.

Denn die Männer und Frauen des deutschen Militärs, auch die hier heute im Stadtpark, geben vor, Menschenrechte zu verteidigen und Terror zu bekämpfen ‚dienen‘ aber nicht ‚Deutschland‘ – sondern wirtschaftlichen und Machtinteressen.

Deshalb sind wir hier.
Deshalb protestieren wir.
Der Krieg geht auch von Hannover aus!
Aber nicht in unserem Namen!

Ein Kommentar

  • Sylvia Schmidt

    Korrektur, da der überwiegende Teil des Textes von mir stammt: Natürlich kam Afghanistan vor dem Irak, im „Krieg gegen Terror“