Politik gegen geflüchtete Menschen – Politik gegen Menschen in Not – Um Europa eine Mauer! – keine Abschiebung nach Afghanistan

„Tausende Menschen haben in zahlreichen Städten gestern 11. 2. 2017) bundesweit für einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan demonstriert. Allein in Düsseldorf gingen am Samstag rund 2.000 Demonstranten auf die Straße, in Hamburg nach Polizeiangaben rund 1.500. In Nürnberg waren es bis zu 800, in Augsburg rund 400 Menschen. Proteste gab es auch in Hannover und Erfurt.“ (Quelle: az online.de)

‚Auch in Hannover‘ – ja, auch in Hannover waren wir auf der Straße. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hatte aufgerufen und etwa 5oo Menschen waren gekommen.

Leider weniger, als ich erhofft hatte. Aber mit einer guten, kämpferischen Stimmung!

Bei eisiger Kälte begann die Demonstration mit einer Kundgebung am Hauptbahnhof und führte über verschiedene Zwischenstopps wieder zum Bahnhof zurück. Auch wir vom Friedensbüro waren dabei – soweit unsere Kräfte dies neben vielen anderen Aktivitäten ermöglichten. Es wurden zahlreiche Reden gehalten – vor allem auch von Menschen afghanischer Herkunft, die für die deutschen Teilnehmer_innen und Passant_innen kurz übersetzt wurden.

Uns vom Friedensbüro war es besonders wichtig, die Politik gegen afghanische Flüchtlinge, die nur als zynisch zu bezeichnenden Rückführungen in ein von Krieg und Terror gezeichnet Land, einzuordnen in die gesamte gegenwärtige Migrationspolitik von EU und deutscher Regierung.

Dazu haben wir auch einen Redebeitrag gehalten:

Beitrag – Afghanistan-Demo – 11. 2. 2017

Ich möchte mit meinem Beitrag versuchen, die Abschiebungen nach Afghanistan in die gesamte Asyl- und Flüchtlingspolitik von EU und deutscher Regierung einzuordnen. Solidarität ist international – unser Kampf gegen die derzeit offiziell stattfindende Asylpolitik muss es auch sein: sie muss die Proteste aller durch Fluchtabwehr und Abschiebungen betroffenen Menschen miteinander verknüpfen!

Nach der ursprünglichen ‚Willkommenspolitik‘ findet seit längerer Zeit ein unglaubliches Roll-Back statt.

Deutschland hat den Flüchtlingsdeal mit der Türkei geschlossen, Verabredungen mit den Maghreb-Staaten getroffen, in denen es vor allem um Grenzkontrollen und die Verhinderung von Flucht und entsprechenden Finanzierungen der jeweiligen Regierungen geht. Wir  haben es jetzt zu tun mit den geplanten bzw. schon stattfindenden Abschiebungen nach Afghanistan und wir haben es mit den Verabredungen auf EU-Ebene zu tun, die schlicht darauf hinauslaufen, uns die flüchtenden oder zur Flucht entschlossenen bzw. gezwungenen Menschen vom ‚Halse zu halten‘.

Wir haben es zu tun mit Griechenland, das die Flüchtlinge zurücknehmen soll, die auf ihrer Flucht als erstes griechischen Boden betreten haben. Dabei leben in den entsprechenden Lagern ohnehin schon zu viele Menschen in Dreck, Notunterkünften, in Scheiße und Schlamm bei extrem kalter Witterung.

Auch Eziden  sind betroffen. Nahezu zeitgleich zu unserer Demo hier in Hannover findet gerade eine Demo zum Landtag statt mit dem Motto: STOPPT DIE ABSCHIEBUNGEN VON ÊZÎDEN !!!

Die Tränen der Wut steigen einem in die Augen!

Aber Wut allein reicht nicht. Herz und Verstand gehören zusammen – und dann vor allem: Handeln!

Dabei muss an 1. Stelle Information stehen: Die letzten Vereinbarungen der EU setzen auf das Krisenland Libyen. Die EU will dafür sorgen, dass künftig weniger Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa kommen. Auf ihrem Gipfel in Malta haben sich die Staats- und Regierungsoberhäupter auf einen Zehn-Punkte-Plan dazu geeinigt. Obwohl Frau Merkel die Lage der Flüchtlinge in Libyen für „dramatisch“ hält, will sie gemeinsam mit der EU Libyen bei Ausbau und Ausrüstung der Küstenwache und den Schutz der Landesgrenze zu Nachbarländern unterstützen. Es geht vor allem um ein wirksames Vorgehen gegen Schleuser und Menschenschmuggler auf der Mittelmeerroute. Ob die Lebensbedingungen für die Flüchtlinge in Libyen mit Geldern an die Regierung verbessert werden können, ist mehr als zweifelhaft.  Libyen wird trotz einer im vergangenen Jahr gebildeten Einheitsregierung in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert. Den Staat Libyen gibt es eigentlich gar nicht, sagen viele Expert_innen.

Scharfe Kritik an der jetzt beschlossenen engeren Kooperation zwischen der EU und Libyen kommt von der Organisation Pro Asyl. Die Organisation spricht von einer „Doppelmauer gegen Schutzsuchende“ und einem Verrat an den europäischen Werten: „Die hochgerüstete libysche Küstenwache auf dem Meer sowie die mit EU-Geld aufgerüstete Südgrenze Libyens sind menschenverachtend.“ Dadurch würden Menschen, die vor der brutalen Militärdiktatur Eritreas oder den Warlords in Somalia fliehen, außerhalb des europäischen Sichtfelds zugrunde gehen.

Aber hier und heute geht es um Afghanistan! Haben die verschiedenen Fluchtorte, Fluchtwege und die deutsche bzw. europäische Politik etwas miteinander zu tun?

Ich denke, das ist für uns Alle offensichtlich!  Europa schottet ab! Europa baut Mauern! Nein, nicht wie Trump es an der mexikanischen Grenze beabsichtigt, aber im Effekt vielleicht noch wirksamer! Und: gegen Menschen, die von Not, Tod und Krieg noch mehr bedroht sind! Hören wir auf, immer nur mit dem Finger auf Trump zu zeigen! Nein, wir mögen seine Politik nicht! Und ja: Er muss scharf kritisiert werden!

Aber bleiben wir bei der in unserem Namen vollzogenen Politik!

Hier von unserer Regierung, von den Regierungen der doch immer wieder so hochgelobten EU wird eine Politik angestrebt und z. T. schon durchgeführt, die  unbarmherzig, menschenfeindlich und brutal ist. Die unser angebliches ‚Wirtschaftswunderland‘ vor den ‚Menschenmassen‘ aus dem Süden, aus Afghanistan und anderen Ländern schützen soll.

Wenn wir keinen Nationalismus wollen, dann müssen wir sagen: Kein ‚America first‘ – was bei Trump ja auch nur die (weißen) USA meint – , aber vor allem auch: kein ‚Germany first‘, kein ‚Europe first!‘

Es darf nicht um unsere nationalen Interessen gehen, wenn dadurch Menschen sterben, in Not und Krieg oder kriegerische Angriffe geraten oder in Flüchtlingslagern zugrunde gehen!
Wir wollen nicht, dass afghanische Menschen in ein unsicheres, von Terror bedrohtes Land zurückgeschickt werden!
Wir wollen nicht, dass Menschen in ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Asylbewerber_innen eigeteilt werden.Wir wollen nicht, dass ‚Terrorabwehr‘ diejenigen am schärfsten trifft, die selbst vor diesem Terror fliehen!
Wir fordern ein gesichertes Leben für geflüchtete Menschen aus Afghanistan! Für geflüchtete Menschen aus anderen bedrohten Ländern dieser Erde!

Und was die Fluchtursachen betrifft: setzen wir uns ein gegen Krieg, Hunger und Elend – dann werden die Menschen auch wieder gerne in ihren Heimatländern bleiben!

„Um Europa keine Mauer – Bleiberecht für alle – und auf Dauer!“