„Hindenburgstraße“

„Niemandes Handeln ist so verwerflich, dass er der Gesellschaft nicht noch dienen kann – als abschreckendes Beispiel.“ Voraussetzung ist freilich, dass er als solches auch erkannt wird.
Die Benennung von Straßen und Plätzen nach Menschen wird aber zumeist als Ehrung empfunden, sie selbst gar als „vorbildlich“.
Das ist nicht zwingend so, besonders wenn es sich um Personen von lokalhistorischer Bedeutung handelt, die seit Jahrhunderten tot sind. Am „Hahnebuthwinkel“ störe ich mich nicht, auch wenn der Mann ein Strauchdieb war. Das weiß ja (fast) jeder. „Wallensteinstraße“ ist da schon eher zumindest grenzwertig. Die Benennung war einmal als Ehrung gemeint, dabei geht es um einen viel übleren Straßenräuber als Hahnebuth. Aber er ist zumindest sehr tot.
„Hindenburgstraße“ aber geht gar nicht – gerade weil er in den Köpfen vieler Menschen in Hannover immer noch nicht ganz tot ist und weil eben nicht allen klar ist, dass Hindenburg kein Vorbild, sondern höchstens ein abschreckendes Beispiel war und ist. Er war einer der übelsten Komissköppe des zwanzigsten Jahrhunderts und als Reichpräsident wesentlich beteiligt am Untergang der Demokratie und der Einsetzung Adolf Hitlers als Reichskanzler. Er ist schwer belastet.
In seiner Sitzung vom 20.August 2018 hat der Bezirksrat des Stadtbezirks Mitte auf Antrag der SPD mit der Mehrheit von SPD, Grünen und Linken gegen CDU, FDP und Piraten mit elf Ja- gegen sieben Neinstimmen beschlossen, die Hindenburgstraße umzubenennen.
Dieser Beschluss trägt der Tatsache Rechnung, dass von der Benennung einer für den Stadtbezirk derart wichtigen Straße, nach der traditionell ein ganzes Viertel benannt wurde („Hindenburgviertel“), nicht nur eine Angelegenheit der unmittelbaren Anwohner, sondern zumindest des ganzen Stadtbezirks ist.
Dennoch soll ein neuer Name durch Anwohnerbefragung gefunden werden. Aber ein Vorschlag muss erlaubt sein: Gustav Heinemann. Schon am Anfang der Fünfzigerjahre war er ein entschiedener Kämpfer gegen die Wiederaufrüstung der BRD und später als Bundespräsident wesentlich beteilig an der Ernennung von Willy Brandt als Bundeskanzler. Ein würdiger Nachfolger als Namenspatron dieser langen und schönen Straße.
Nebenbei: Von den Gegnern einer Umbenennung wurde angeführt, dass die Anderter Schleuse erst 1956 den Namen „Hindenburgschleuse“ erhalten hat. Dass heißt dann: Auch dieser Name muss weg.