Gedenken in Limmer

von Ralf Buchterkirchen

Am 9.Mai gedachten auf dem Friedhof Fössefeld in Hannover-Linden ca 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Opfer der NS-Militärjustiz. Ausgehend von wahrscheinlich 42 auf dem Friedhof beigesetzten Hingerichteten – wobei von 15 bisher eindeutig als Hinrichtungsgrund Wehrkraftzersetzung oder Desertion bekannt ist – ist der Friedhof ein fester Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur.

Seit vielen Jahren schon lädt die Otto-Brenner-Akademie rings um den 8.Mai zu diesem Ort zum Gedenken ein.
Hauptredner 2013 waren Rolf Wernstedt (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge) und Hartmut Tölle (DGB).
Rolf Wernstedt begann ausgehend von Gedenkfeierlichkeiten für britische Soldaten darüber zu referieren, wie unterschiedlich Bilder von Vaterland und Kampf für Freiheit wahrgenommen und verstanden werden. Dabei machte er deutlich, das ein Kämpfen fürs Vaterland nicht per se negativ sei und nur die Verdrehung durch die NS-Führung dieses Bild negativ färbe. Insbesondere bezog er sich auf einen Vaterlandsbegriff von 1848 und schrieb den positiv fort.

Auffällig war, das beide Redner nur indirekt auf Opfer der NS-Militärjustiz zu reden kamen und dies ausschliesslich in Abgrenzung zu “normalen” Soldaten. Kein Wort über Motive zu desertieren, über die Angst, die Verurteilungsdrohung oder gar ein Nachdenken über die Frage, was die Courage Einzelner, die sich – aus welchen Gründen auch immer – der Militärmaschinerie verweigerten, für die Gesellschaft heute bedeuten kann.

Dass über Soldaten, die wegen Wehrkraftzersetzung oder gar Kriegsverrat verurteilt wurden und ermordet wurden, überhaupt kein Wort verloren wurde, bleibt dann eine der ‘Denkwürdigkeiten’ der Veranstaltung auf dem Fössefeldfriedhof. Was bleibt ist ein Gedenken, das die Menschen, derer gedacht wird, faktisch ausklammert und sich allein auf die Rechtfertigungsnöte der nichtverweigernden Soldaten bezieht: Welche
Rechtfertigung können sie finden für ihr Tun, für ihr Töten? Ein langer Weg scheint noch notwendig, bis wegen Desertion, Wehrkraftzersetzung oder Kriegsverrat hingerichtete Soldaten auch in den Köpfen rehabilitiert sind.

Informationen zu Desertion, Wehrkraftzersetzung und Kriegsverrat findet sich auf www.deserteure-hannover.de.