Friedensnewsletter Mai 2014

Krieg, Krieg, es ist halt doch eine greuliche Sach…
Gustav Meyrink (1868- 1932), Die Erstürmung von Sarajewo

Liebe Friedensfreundinnen und –freunde,

am 8.Mai jährt sich der Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Für uns Gelegenheit, aktiv der Opfer des faschistischen Terrors zu gedenken. Wir werden das tun, in dem wir am darauffolgenden Samstag in Hannover Stolpersteine putzen gehen. Um Gedenken und Nachdenken geht es auch im Vortrag zu Männlichkeit und Desertion am Beispiel hannöverscher Soldaten des Zweiten Weltkrieges.

Die Planung friedenspolitischer Aktivitäten wir ein Schwerpunkt der Jahreshauptversammlung sein. Weitere von uns organisierte und uns wichtige Veranstaltungen, sowie ein Rückschau auf den Ostermarsch finden sich in diesem Newsletter. Wir laden alle ein, sich zu beteiligen und etwas gegen die Militarisierung der Gesellschaft und weltweite Krieg zu tun. Das geht nur gemeinsam.

Die Themen im Einzelnen

  • Aufruf zum 1.Mai
  • Stolpersteine putzen
  • Film: TRILEMMA & KIRIK BEYAZ LALELER
  • Veranstaltung Militär und Männlichkeit
  • Ende des 2. Weltkrieges – Befreiung vom Faschismus – Veranstaltungen und Rundgänge in Linden/Limmer
  • Jahreshauptversammlung des Friedensbüros
  • Veranstaltung: Was tun, wenn die Bundeswehr an Schulen kommt
  • Bericht Aktionskonferenz Afghanistan der Friedensbewegung
  • Rückblick Ostermarsch 2014

Termine:

10.05. 10.00 Uhr Kröpcke, Stolpersteine putzen

10.05. 20.30 Uhr Sprengel, Filme TRILEMMA & KIRIK BEYAZ LALELER

14.05. 19.00 Uhr Haus der Jugend, JHV Friedensbüro Hannover

16.05. 19.00 Uhr FzH Linden, Vortrag Militär und Männlichkeit

22.05, 19.30 Uhr Pavillon, Was tun, wenn die Bundeswehr an deine Schule kommt?

30.05. 19.00 Uhr Cafè K, Friedenspolitischer Stammtisch

Hier findet sich eine gelayoutete leser_innenfreundliche Version des Newsletters.

Zum 1.Mai: 100 Jahre danach: Der 1. Weltkrieg und wir

100 Jahre sind es her seit der 1. Weltkrieg begann. Man diskutiert über die Vorgeschichte: bereitete das deutsche Kaiserreich den Krieg systematisch vor, um eine Neuverteilung der Welt zugunsten des „Zu-spät-gekommenen“ zu erzwingen, oder schlitterten die europäischen Mächte einfach so hinein?

Vor dem 1. Weltkrieg spielte das Militär mit seinen Hierarchien eine zentrale Rolle in der Gesellschaft. Das war nach dem 2. Weltkrieg weitgehend vorbei. Aber seit ein paar Jahren drängt es wieder in den Vordergrund. Deutschland soll „seine Verantwortung wahrnehmen“ – mit Militäreinsätzen in aller Welt. Dafür wirbt das Militär an Schulen, auf Jobbörsen, mit Sommerfesten und Militärkonzerten. Aber im Grunde geht es wieder um Deutschlands Einfluß in der Welt. Das Friedensbüro stellt sich gegen diese „Normalisierung des Militärischen“. Es sind nicht „unsere“ Interessen, die da verteidigt werden, sondern die Interessen deutscher und internationaler Konzerne!
Eine andere Frage: Gab es wirklich vor dem 1. Weltkrieg eine breite Kriegs-begeisterung in der Bevölkerung – wenn ja, warum? Wie kam es, dass die Sozialdemokraten schließlich den Kriegskrediten zustimmten, obwohl sie noch 1 Woche vor Kriegsbeginn große Demonstrationen gegen den Krieg organisierten?
Was lernen wir daraus?
Auch in der Sozialdemokratie war der Grundsatz verbreitet: „In der Not lassen wir das Vaterland nicht im Stich! Ein Verteidigungskrieg ist in Ordnung.“ Und dazu kam dann als Hauptsorge die Angst vor der Russischen Despotie. Kommt uns das nicht gerade in diesen Tagen bekannt vor? Rußland – da macht man keine Unterschiede. Ob Zar, ob Stalin, ob Breschnjew oder Putin – alles das Gleiche – der Russische Bär, der die Demokratie bedroht. Diese Urangst hat Millionen Menschen auf beiden Seiten das Leben gekostet.
Die Arbeiterbewegung in der Kaiserzeit litt darunter, dass sie nicht als anerkannter Teil der Gesellschaft galt. Durch das „Burgfrieden“-Abkommen mit der Reichsregierung 1914 empfanden sie sich endlich als anerkannt – auch ein Schritt zum Mitmachen? Außerdem gab es damals schon in den Gewerkschaften Kräfte, die Rüstung und Kolonialpolitik als „im Interesse der Arbeitsplätze und damit der deutschen Arbeiter“ ansahen.
Heute noch so aktuell wie falsch!
Wir sind – wie viele Gewerkschaftsmitglieder – in Sorge, wenn der DGB-Vorsitzende Sommer die Bundeswehr zu einem Teil der Friedensbewegung erklärt und eine enge Kooperation mit dieser vereinbart. Wir bitten deshalb die Gewerkschaftsmitglieder, den Aufruf gegen diese Verfälschung gewerkschaftlicher Positionen unter www-frieden-mitmachen.de zu unterzeichnen.

Stolpersteine putzen

Hannover, 10. Mai, ab 10:00 Uhr Kröpcke

Putzen ist angesagt! Stolpersteine – kleine Denkmale in der Zeit wieder zum Glänzen bringen

Stolpersteine sind kleine Denkmale, die im heutigen Alltag zum Innehalten einladen und Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus ermöglichen. Sie erinnern individuell an eine konkrete Person und sind damit wichtiger Bestandteil einer lebendigen Erinnerungskultur. Zum Beispiel Robert Gauweiler, geboren am 14. Januar 1906, hingerichtet am 11. Dezember 1944. Gauweiler war verheiratet, hatte 6 Kinder und engagierte sich politisch links, zum Verhängnis wurde ihm eine Denunziation. Wegen ‚Zersetzung der Wehrkraft‘ wurde er am 8. August 1944 zum Tode verurteilt.
Wir möchten, dass diese Denkmale sichtbar bleiben und gepflegt sind. Daher laden wir alle Interessierten herzlich dazu ein, jeweils in kleinen Gruppen – zu zweit oder zu dritt – gemeinsam die Stolpersteine zu putzen und damit das Messing wieder zum Glänzen zu bringen und damit noch mehr zur täglichen Erinnerung, zum ‚kleinen Stolpern‘ im Alltag einzuladen.
Wir treffen uns am 10. Mai um 10:00 Uhr am Kröpcke und teilen uns in kleine Gruppen ein. Wer unabhängig davon in seiner Umgebung Stolpersteine putzen möchte, kann sich auch gern melden und bekommt gern per E-Mail oder telefonisch kurze Hinweise, wo sich in der Umgebung weitere Stolpersteine befinden und welche Materialien zum Putzen geeignet sind, um das Messing nicht zu beschädigen.
TRILEMMA & KIRIK BEYAZ LALELER

Zwei Kurzfilme über Identität, Ausgrenzung und staatliche Gewalt im Kino im Sprengel (Klaus-Müller-Kilian-Weg 1) am Samstag, 10.5., 20.30 Uhr

Mit den Regisseuren Aydın Öztek und Aykan Safoğlu.
Die Diskussion nach der Filmvorführung moderiert Heinz-Jürgen Voß

TRILEMMA (Çürüğüm Askerim Reddediyorum) thematisiert das skandalöse Ausmusterungsverfahren des türkischen Militär sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität, KIRIK BEYAZ LALELER nimmt James Baldwins Aufenthalt in Istanbul zum Ausgangspunkt einer Reflexion und gewann 2013 den Großen Preis bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen.

– TRILEMMA, Aydın Öztek, Türkei 2009, 30 min., O.m.U.
In seinem Film stellt Aydın Öztek anhand von Interviews mit Betroffenen, Fachleuten und politisch Aktiven sowie Straßeninterviews die Situation junger Männer in der Türkei des Jahres 2009 dar, die vor der Alternative stehen, nach einem entwürdigenden Verfahren wegen ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung ausgemustert zu werden, gegen ihr Gewissen Kriegsdienst zu leisten oder sich durch Flucht zu entziehen.
Aydın Öztek ist ein in Deutschland lebender Filmemacher, der an der Hochschule Kandıra Public Relations und an der Universität Galatasaray in Istanbul Filmwissenschaften studierte. Bei der Präsentation seines Films auf dem Filmfestival Goldene Orange in Antalya im Jahre 2009 erlitt er einen schweren Unfall. Trotz einer Behinderung arbeitet er wieder an neuen Filmprojekten.

– KIRIK BEYAZ LALELER, von Aykan Safoğlu, Türkei/D 2013, 24 min., O.m.U.
Der Film ist eine Hommage an den amerikanischen Schriftsteller James Baldwin. Aykan Safoğlu verknüpft Baldwins Leben im selbstgewählten Exil in der Türkei mit der eigenen Biographie zu einem dichten Essay. Anhand von alten Fotografien folgen wir den Spuren James Baldwins ebenso wie Aykan Safoǧlus und seiner Familie durch Istanbul. Die Montagetechnik ist verblüffend einfach, Fakten und Fiktion verschwimmen. Safoǧlu nennt diese Form „Biomythography“, eine erfundene Lebensgeschichte laut der amerikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde, die sich als „black lesbian feminist mother poet warrior“ bezeichnete. Die Fragen, die Aykan Safoǧlu in seinem Film verhandelt, stehen auch im Vordergrund von James Baldwins Werk. Der Film zeigt schwarze Überlebensstrategien im weißen Mainstream und erkundet queere Lesarten von Kultur, Politik und Identitäten. Der Film gewann 2013 den Großen Preis bei den 59. Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen.
Aykan Safoğlu, Künstler und Filmemacher, geboren 1984 in Istanbul, lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte an der Universität der Künste Berlin und dem Bard College in New York. Seine Arbeiten waren 2013 bei uqbar Berlin, 2012 auf der International Biennale for Young Art Moskau und 2011 auf der Konsthall C in Stockholm zu sehen.

In Zusammenarbeit mit dem Friedensbüro Hannover und dem AstA der Leibniz Universität Hannover

Männlichkeitsforschung und Desertion als individuelle Entscheidung vor dem Hintergrund von Repression

Freitag, 16.5.2014, 19 Uhr, Freizeitheim Linden, Geschichtskabinett Vortrag von Ralf Buchterkirchen

Deserteure sind „Feiglinge“ „Drückeberger“ und „Weiber“. Deserteure sind Helden im antifaschistischen Kampf. Diese Bilder derjenigen, die sich den Krieg entzogen, herrschten – je nach Sichtweise – uneingeschränkt bis in die 1980er Jahre vor. Der Autor Ralf Buchterkirchen geht, ausgehend von Männlichkeitsbildern und der Militärjustiz als willfähriger Repressionsstruktur der Nazis, der Frage nach, wie und warum Soldaten den Kriegsdienst verweigerten. Er kommt dabei zu ganz individuellen Beweggründen. Eingebunden in konkrete hannoversche Geschichte wird deutlich, wie Männlichkeitsforschung neue Ansätze liefern kann, Desertion als individuelle Entscheidung vor dem Hintergrund von Repression zu verstehen und Deserteuren angemessen zu gedenken.
„Weine Dich nur richtig aus und behalte mich in guten Angedenken und dann fange wieder an zu leben, denn das Leben hat das Recht.“
(Robert Gauweiler im Abschiedsbrief an seine Familie, aus dem Wehrmachts-Untersuchungsgefängnis Hannover)

Weitere Veranstaltungen der Otto-Brenner Akademie im Mai

Freitag, 9.5.2014, 18 Uhr Fössefeldfriedhof, Friedhofstraße, Erinnerung an die hingerichteten Wehrmachtsdeserteure: Gedenkfeier für die Opfer der NS-Militärjustiz auf dem Fössefeldfriedhof

Ansprache: Bürgermeister Bernd Strauch
Grußworte: Hartmut Tölle, Vorsitzender DGB-Landesbezirk Niedersachsen/Bremen und Sachsen/Anhalt und Bezirksbürgermeister Rainer-Jörg Grube
Im Anschluss an die Reden: Führung über den Friedhof mit Jonny Peter und Stefan Ilsemann

Sonntag, 11.5.2014, 15 Uhr, Stadtfriedhof Ricklingen, Haupteingang, Ulf Kronshage/Jonny Peter „Ehrengräber und Widerstand – Rundgang auf dem Ricklinger Friedhof“
In dem Rundgang werden u.a. die Gräber von Wilhelm Heese, August Holweg, Franz Nause und Kurt Schumacher besucht. Auch über die hier beerdigten Wilhelm Bluhm und Kurt Willkomm wird informiert.

Dienstag, 13.5.2014, 19 Uhr, Freizeitheim Linden, Geschichtskabinett, Dr. Werner Trolp; Neuere Forschungen bringen überraschende Ergebnisse
Nach der Veröffentlichung seines Aufsatzes über die Vollstreckung der Todesstrafe durch die Wehrmacht und die Bestattung der hingerichteten Wehrmachtssoldaten auf dem Fössefeldfriedhof (Hannoversche Geschichtsblätter Heft 63 – 2009) hat Dr. Werner Trolp seine Recherchen zu diesem Thema fortgesetzt. In seinem Vortrag stellt er neue, überraschende Ergebnisse vor. Unter anderem erläutert er die Hintergründe zu dem Bericht der Zeitzeugin über eine angebliche Erschießung eines Matrosen in Hannover (HAZ vom 12.5.2012).

Mittwoch, 14.5.2014, 19 Uhr, Freizeitheim Linden, Geschichtskabinett, Janet von Stillfried; Das Zwangsarbeiterlager „Altmaterial“ Leinaustraße 27
Eingeladen wird zu einem Gespräch zum Thema Zwangsarbeit in Linden. Anhand des Zwangsarbeiterlagers „Altmaterial“ soll auf-gezeigt werden, welche Informationen zu einem Lager verfügbar sind und wo die Probleme in der Auswertung/Interpretation liegen. Es besteht die Chance, darüber zu diskutieren, wie wir das Thema für die Lindener attraktiv aufbereiten können. Dazu gehört auch die Beantwortung der Frage, die immer wieder gestellt wird: Was hat das eigentlich alles mit uns heute zu tun? Letztendlich sollen auf diesem Weg aktive Lindener erreicht werden, die vielleicht auch an dem Thema arbeiten möchten, da die zahlreichen Lager in der Kriegszeit und das Schicksal der Zwangsarbeiter bislang unerforscht sind. Das Zwangsarbeiterlager in der Leinaustraße 27 könnte eine erste Gesprächsgrundlage hierfür bieten.

Jahreshauptversammlung des Friedensbüros Hannover

Hiermit möchten wir Euch herzlich einladen zu unserer diesjährigen Jahreshauptversammlung am Mittwoch, den 14. Mai 2014 um 19.30 im Haus der Jugend, Maschstr. 24
Vorgesehene Tagesordnungspunkte:

  • Begrüßung, Wahl der Versammlungsleitung
  • Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung und der Beschlussfähigkeit
  • Genehmigung des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung
  • „Geheime Kriege“ Vor kurzem wurde durch Panorama bekannt, dass der Drohnen-krieg der USA gegen Ziele in Pakistan und Afrika auch von Deutschland aus geführt wird. Michael Ebeling gibt einen kurzen Überblick darüber, wie wir in Deutschland in kriegerische Handlungen anderer Nationen (insbesondere der USA) eingebunden sind oder deren kriegerisches Treiben unterstützen, ohne davon zu wissen.
  • Tätigkeitsbericht des Friedensbüros: Vorstellung und Ergänzung/ Diskussion
  • Vorstellung und Diskussion geplanter Aktivitäten für 2014.
  • Kassenbericht und Entlastung der Kassenverantwortlichen
  • Entlastung des alten Vorstands
  • Wahl des neuen Vorstands

Veranstaltungsreihe Schule ohne Militär Hannover
Donnerstag, 22. Mai, 19:30 Uhr,. Pavillon
Was tun, wenn die Bundeswehr an deine Schule kommt? – Praxiserfahrungen – Hilfestellung – Lösungen
Jugendoffiziere und andere Vertreter der Bundeswehr kommen immer öfter an Schulen – in den Politikunterricht, zu Projekttagen und im Rahmen von Berufsmessen. Wenn du der Meinung bist, dass die Bundeswehr an deiner Schule nichts zu suchen hat – u.a. weil Schulen unparteiisch bilden sollen und weil Soldat kein Beruf ist –, kannst du konkret etwas tun. Anschließend an zwei Impulsreferate diskutieren wir ausführlich gemeinsam, was alles geht! Die Impulse geben: Lena Sachs, u.a. Autorin des Buches „Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bildungseinrichtungen“. Und Reinhard Wagner. Er berichtet aus seinen Berliner Erfahrungen im Bündnis „Schule ohne Militär“, mit dessen Unterstützung sich SchülerInnen und LehrerInnen erfolgreich gegen den Bundeswehr-Unterricht wehrten.

Veranstalter_innen:
Schule ohne Militär Hannover und Pavillon Hannover, in Kooperation mit: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (Hannover), Friedensbüro Hannover, DFG-VK Hannover, Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen (angefragt).

 

Bericht: Friedensaktionskonferenz Afghanistan

26.04. 2014 von 11.30 bis 17.00 ins Kulturzentrum FAUST, Zur Bettfedernfabrik 3, 30451 Hannover.

Angesichts der Tatsache, dass die Friedens/antimilitaristische Bewegung aufgrund der vielen kriegerischen oder nahezu kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt (Syrien, Mali, Ukraine …) kaum zum Atemholen, geschweige denn zu massenwirksamen Aktionen findet, fand ich es schon recht erstaunlich, dass ca. 30 Menschen für die Konferenz zusammen gefunden hatten.

Natürlich waren die ‚altbekannten‘ Gesichter dabei – aber ich viele afghanische/afghanischstämmige Aktivist_innen und einige junge Frauen und Männer.

Das Eingangsreferat zur aktuellen Situation in Afghanistan hielt Matin Baraki, der gerade von einer längeren Reise aus Afghanistan zurückgekommen war. Er berichtete von bettelnden Kindern, trauernden Menschen, 20 % Menschen in absoluter Armut, und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich und erklärte: „Ein Abzug ausländischer Kräfte findet nicht statt.“ Der Truppenabzug westlicher Militärs werde durch die ‚Afghanisierung‘ des Krieges ersetzt, die ASA bzw. die NATO behielten ‚das Sagen‘; in Zukunft würden afghanische Menscheb gegen afghanische Menschen kämpfen, aber das Interesse der USA an einem ‚Greater Middle East‘ sei nach wie vor vorhanden und neun große militärische Stützpunkte blieben über das Land verteilt. D. h., Afghanistan bliebe ein ‚Militärprotektorat‘. Die Nichtunterzeichnung des Sicherheitsabkommens durch Karsai sah er als ‚taktisches Vorgehen‘, damit nach außen die tatsächliche Abhängigkeit vom Westen nicht so auffällig sei.
Sicherheitskräfte und Militär verhinderten eine reale Macht und Souveränität der afghanischen Bevölkerung.
Die afghanischen Wahlen seien nicht demokratisch gewesen (z. B. fehlende Stimmzettel, Beschwerden vor allem von Frauen, Korruption etc.). Dennoch seine die Wahlen eine ‚Übung in Demokratie‘ gewesen mit der Maßgabe: „Wir nehmen unser Recht in Anspruch!“

Barakis Ziel ist: Kein Frieden mit kolonialem Charakter – stattdessen – Frieden in Afghanistan, mit Afghanistan für Afghanistan‘ – eben ein ‚Afghanischer Frieden!
In seinen Augen muss das ganze Spektrum politischer Gruppen einbezogen werden – ohne Vorbedingungen, weil ein Ergebnis nur einzelner Gruppierungen zu fehlender Akzeptanz und neuen Auseinandersetzungen führen würde.

Im Anschluss an das Eingangsreferat hielten mehrere afghanischstämmige Redner kurze Zusatzreferate, die durchaus unterschiedliche Einschätzungen für einen möglichen Friedensprozess innerhalb Afghanistans vorschlugen. Wesentlicher Dissenz war die Frage: sollen Gruppen, die bewaffnet waren und sind, erst zu Gesprächen zugelassen werden, wenn sie vorher die Waffen niedergelegt haben?

Dazu gab es keine Einigung – aber den Hinweis, dass diese vorherige Festlegung den gewünschten Prozess der intensiven Auseinandersetzung gar nicht erst zustande kommen ließe.

Neben verschiedenen Beiträgen von verschiedenen Initiativen (z. B. ‚Afghanistan Peacemaker‘ ), die z. B. fordern: die afghanische Souveränität ist wiederherzustellen, Menschen dürfen nicht mehr vom und für den Krieg leben und unabhängige Radios müssen installiert werden, wurden Überlegungen angestellt, wie die Situation in Afghanistan wieder Teil der deutschen (bzw. europäischen) Friedens/Antikriegsbewegung werden kann.

  • Grundsätzlich sollte das Thema NATO die Klammer sein, die die verschiedenen Bereiche (z. B. Afghanistan und Ukraine) miteinander verbindet. Es bleibt zwar die Schwierigkeit, sich immer wieder neu und möglichst schnell in neue Auseinandersetzungen einzuarbeiten, aber die Themen könnten inhaltlich in einen Kontext gestellt werden.
  • Zum Jahrestag des Kunduz-Angriffs am 4. September 2009 soll (vermutlich am 6. Sept) eine Großdemo in Bonn stattfinden. Eine Vorbereitungsgruppe in Bonn ist bereits dazu aktiv.
  • Im Herbst soll ein weiteres Afghanistan-Treffen im Süden Deutschlands (z. B. Stuttgart) stattfinden.
  • Im Frühjahr 2015 könnte eine europäische Afghanistankonferenz stattfinden. Dafür, so führten afghanische Redner_innen aus, wäre es gut, wenn in der deutschen Afghanistan-Communitiy (zusammen mit den entsprechenden Kräften in Afghanistan) die unterschiedlichen Vorstellungen zur Einbeziehung afghanischer Akteur_innen auf einen Nenner gebracht werden könnten. Dabei könnten Frauen, die möglicherweise nicht so eng in die unterschiedlichen Parteiungen eingebunden sind, eine große Rolle spielen.

Bericht: Ostermarsch 2014 – Was wir uns von Europa wünschen!

Am Ostersonnabend (19. 4. 2014) fand unsere diesjährige Ostermarschaktion ab 12.00 Uhr auf dem Kroepcke statt. Wir hatten uns in diesem Jahr das Thema:
Kritik an dem Europa, wie es sich gerade entwickelt – hin zu dem Europa, das gerecht, friedlich und für Mensch und Natur zukunftsfähig ist! Als Motto genommen.
Entsprechend hatten wir verschiedene Gruppen/Organisationen/Parteien angesprochen und gebeten, zu diesem Thema einen Infostand und/oder einen Redebeitrag beizusteuern.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen.
Vor allem bei den Redebeiträgen hatten wir ein breites Spektrum: Von TTIPP (Freihandelsabkommen – das sich so unspektakulär anhört, es aber in Bezug auf den Verlust von Demokratie richtig in sich hat) über das Elend der Textilarbeiter_innen (deren unter Ausbeutungsverhältnissen hergestellten Klamotten wir tragen und entsprechend von ihrer Situation auch ‚profitieren‘), über das Flüchtlingselend an Europas Grenzen und im Innern aller EU-Staaten bis hin zu Krieg und Frieden – wo wir viel Unerfreuliches sagen mussten, das aber auch auf die Formel gebracht werden konnte: Krieg beginnt (auch) hier!
Wir mussten dann feststellen, dass die Zeit gar nicht ausreichte, um all unsere Anliegen differenziert darzulegen!
Aber mit Musikeinlagen – auch zum Mitsingen – haben wir dann zwischendurch ‚Nachdenkpausen‘ geschaffen und mit einem ‚Osterspaziergang‘ bis zum Steintor mit der eindringlichen Samba-Trommelgruppe der GEW auch noch weitere Stadtbesucher_innen angesprochen.
Auf unseren ‚Markplatz‘ zwischen den einzelnen Ständen hatten wir in Originalgröße den Schattenriss einer Euro-Hawk geklebt, um zu demonstrieren, welche Drohnen (u. a.) in Deutschland und anderswo angeschafft werden soll(t)en oder von den USA über Rammstein bereits als Killerwaffen benutzt werden. „Der Schatten des Krieges“, hieß es in einem Artikel der HAZ vom 22. Apr. 2014 sehr richtig.
Wir waren mit unserer Aktion recht zufrieden – wenn wir uns auch mehr Teilnehmende gewünscht hätten! Ungefähr 100 Menschen waren unserem Aufruf gefolgt.
Aber natürlich müssen wir uns auch Fragen stellen: Können wir Menschen anders ansprechen, um Interesse an den für uns alle lebenswichtigen Themen zu wecken? Müssen wir die Themen anders präsentieren? Sollten die Aktionen pointierter, weniger umfassend sein und in kürzerer Form dargeboten werden?
Wir freuen uns sehr auf Kommentare und versprechen auf jeden Fall: Wir werden die traditionellen Friedensaktionen und –themen weiterführen und uns aktuellen Themen so schnell wie möglich zuwenden und uns zu ihnen äußern!