Friedensnewsletter Hannover August 2016

Die Völker als solche müssen gegen die Atomwaffen sein, wenn es gelingen soll, diese loszuwerden. Albert Schweitzer (1875-1965)

Schon fast traditionell berichten wir im August über das Gedenken am Hiroshima-Gedenkhain. Erinnern, aber auch Protest ist notwendiger denn je. Nicht nur das die japanische Regierung versucht, die pazifistische Verfassung auszuhebeln, auch in Deutschland ist das Thema mehr als präsent. In Büchel lagern Atomwaffen und ist Widerstand dagegen nicht gern gesehen. Über mehrere Monate blockierten Aktivist_innen, auch von Friedensbüro und DFG-VK die Eingänge in Büchel. Am 5. Flaggentag der Mayors for Peace und zeitgleich zum NATO-Gipfel haben etwa 200 Bürgermeister vor ihren Rathäusern ein sichtbares Zeichen für eine friedliche Welt ohne Atomwaffen gesetzt, indem sie die Flagge des weltweiten Städtebündnisses „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors for Peace) gehisst haben. Das Netzwerk fordert mit dem Flaggentag den Verhandlungsbeginn für ein ausnahmsloses Verbot von Atomwaffen. Das Protest gerne kriminalisiert wird, ist nichts neues. Hermann Theisen verteilt seit langem Flugblätter vor dem Fliegerhorst Büchel. Theisen forderte im Flugblatt die Soldaten auf,  Befehle zu verweigern und die Öffentlichkeit über dort stationierte US-Atomwaffen zu informieren. Das Amtsgericht Cochem verurteilte Theisen bereits zweimal zu hohen Geldstrafen. Im Vorfeld der Verhandlung forderte die Staatsanwaltschaft nun sogar Haft, da ihm nicht anders beizukommen sei.  Doch der Friedensaktivist bekam, wie von der Verteidigung gefordert, einen Freispruch. Ein anderer Mut machender Freispruch wurde in der Ukraine gefällt. Der ukrainische Kriegsdienstverweigerer Ruslan Kotsaba – in erster Instanz noch zu 3,5 Jahren Gefängnis verurteilt, wurde in Kiew vom Berufungsgericht freigesprochen. Im Januar 2015 hatte sich der Journalist und Blogger in einer Botschaft auf Youtube gegen die Kriegführung der Ukraine im Osten des Landes gewandt und seine Verweigerung einer Einberufung erklärt. Daraufhin wurde er festgenommen und unter unwürdigen Bedingungen inhaftiert.
Mit Kriegsverweigerern im historischen Sinne beschäftigt sich die DFG-VK seit langen. Jetzt haben wir dazu ein Rechercheprojekt gestartet.

Zuletzt werden wir noch einmal sportlich. Seit ein paar Tagen wirbt die Bundeswehr gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) für das Militärhandwerk. Mehr zur Sportförderung gibt es in einem Hintergrundartikel, mehr Aktion dagegen, demnächst.

PS: Daneben fast untergangen ist die Präsentation des Weißbuches der Bundeswehr. Wir dokumentieren die PM der DFG-VK mit den wichtigsten Kritikpunkten.

Die Themen im Einzelnen:

  • HIROSHIMA – GEDENKHAIN AUF DER BU LT · Nie wieder Hiroshima – Gespräche bei Kerzenschein
  • Flaggentag der Mayors for Peace
  • Neues Bundeswehr-Weißbuch: Kriegerische Zukunft
  • Rechercheprojekt zu Deserteuren gestartet
  • Sportförderung der Bundeswehr – Kriegführen auf der Aschebahn

Hier als pdf zum Download

HIROSHIMA – GEDENKHAIN AUF DER BU LT · Nie wieder Hiroshima – Gespräche bei Kerzenschein

Am 6. August 1945 wurde die Stadt Hiroshima Ziel des ersten Atombombenabwurfes der Menschheit. Etwa 110.000 Menschen starben sofort. Bis heute sterben Menschen an den Folgen. Über 16.000 Atomsprengköpfe lagern heute auf unserem Planeten mit einer Zerstörungsgewalt, die 900.000 Mal so groß ist wie die der Hiroshima-Bombe. Auch 71 Jahre danach gedenken wir den Opfern, die uns mahnen und verpflichten zum Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt.

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Freitag, 5. August 2016

HIROSHIMA – GEDENKHAIN AUF DER BU LT

20:00 Uhr · Nie wieder Hiroshima – Gespräche bei Kerzenschein

Am Vorabend des Hiroshima Gedenktages lädt das Hiroshima Bündnis zu Gesprächen zum Thema:
       „Präsident Obamas Besuch in Hiroshima – Chance für atomare Abrüstung?“ ein.

Dazu wird es u.a. Kurzbeiträge von Gästen aus Japan geben.

Im Verlauf des Abends sollen Kerzenlichter aufgestellt werden, um an die Opfer des Atombombenabwurfs zu erinnern. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Bitte bringen sie Kerzen mit.

Der Hiroshima-Gedenkhain liegt hinter dem Kinderkrankenhaus auf der Bult (Janusz-Korczak-Allee) und ist wie folgt zu erreichen:

Linie 6 • Haltestelle Bult / Kinderkrankenhaus

Bus Linie 370 • Haltestelle Bult / Kinderkrankenhaus

Flyer der Stadt Hannover

 

Hiroshima Bündnis Hannover

hiroshima-buendnis@t-online.de

Atomwaffenfrei jetzt ! Eine Doppelaktion

In Deutschland lagern noch 20 Atombomben. Trotz eines Bundestagsbeschlusses, der genau dies fordert, sollen sie jetzt nicht etwa abgeschafft, sondern durch neue, lenkbare ersetzt werden. Sie lagern in Büchel bei Cochem an der Mosel.

Weltweit gibt es inzwischen neun Atomwaffenstaaten: USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Israel, Pakistan und Nordkorea. Am 8.Juli 1996 hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag atomare Bewaffnung für völkerrechtswidrig erklärt. Aus diesem Anlass begehen die Mayors for Peace, die Bürgermeister für den Frieden, jedes Jahr am 8.7. den „Flaggentag“, an dem sie durch Hissen der Flagge der MfP vor dem Rathaus für atomare Abrüstung eintreten – so auch in Hannover.

Das Friedensbüro, das Hiroshima Bündnis und die DFG-VK (alle Hannover) haben den Termin in diesem Jahr zum Anlass genommen für eine Doppelaktion gegen Atomwaffen: eine Beteiligung am zwanzig Wochen dauernden Friedenscamp in Büchel mit 10 Personen vom 14.7. bis zum 16.7. und zu deren Vorbereitung und Bekanntmachung in Hannover eine örtliche Aktion mit vielen Transparenten am 8. Juli am Neuen Rathaus mit OB Schostok, einem Gang zur Innenstadt mit ca. 12 Leuten und anschließend ein Infostand mit Unterschriftenlisten am Kröpke. Dabei gab es zahlreiche interessante Gespräche, z.B. mit einer Frau aus Hildesheim, die im kommenden Jahr eine solche Aktion gerne in ihrer Heimatstadt unterstützen würde.

Atomwaffen A-Z: Büchel

An dieser Stelle informieren wir regelmäßig über Tatsachen und Begriffe aus dem Bereich der weltweiten Bedrohung durch nukleare Waffen.
Heute: Büchel

Der Fliegerhorst Büchel in der Eifel ‑ unweit von Cochem an der Mosel gelegen ‑ ist zur Zeit der einzige Standort der Bundeswehr, an dem nachweislich Atomsprengkörper eingelagert sind. Für die Bevölkerung, die im Umfeld des Fliegerhorstes lebt, stellt die Bundeswehr als wichtigster Arbeitgeber mit über 2000 Arbeitsplätzen einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor dar.

In der Kaserne ist das Jagdbombergeschwader 33 stationiert. Ausgerüstet ist das Jagdbombergeschwader mit insgesamt 36 Flugzeugen des Typs Tornado, die sowohl für den konventionellen als auch für den nuklearen Einsatz ausgestattet sind. Der Einsatz von Atomwaffen durch deutsche Soldaten würde durch ‚nukleare Teilhabe’ erfolgen und ist völkerrechtlich äußerst umstritten.

………..

Der Standort Büchel verfügte zu unterschiedlichen Zeiten über insgesamt drei räumlich getrennte Atomwaffenlagerorte. Bis 1989 wurde eine kleine Anzahl von Atomwaffen in einem verbunkerten Sonderwaffenlager (genaue Lage nicht bekannt) auf dem Gelände des Flugplatzes selbst bereitgehalten. Die große Mehrzahl der Atombomben wurde in einem ca. 3 km nördlich der Landebahn gelegenen Atomwaffenlager (50°12’01″N, 7°04’24″O) bereitgehalten. Der Transport der Atomwaffen zu den Flugzeugen erforderte „Konvois mit starken Sicherungskräften, die durch öffentlich zugängliches Gelände fahren mussten. Schon das Vorhandensein der Konvois zog Aufmerksamkeit auf sich und war für Sabotageakte anfällig“. 1990 wurde auf dem Fliegerhorst im Rahmen des NATO-Programms Weapons Storage and Security System (WS3) ein neues Atomwaffenlager (50°10’55″N, 7°03’48″O) errichtet, das maximal 44 Atombomben in elf so genannten ‚Grüften’ aufnehmen kann. Dieses System ermöglicht die Lagerung der Atomwaffen in den Flugzeugschutzbauten unmittelbar unter den Flugzeugen. Vermutlich handelt es sich bei den in Büchel stationierten Waffen um Fliegerbomben vom Typ B-61. Die Bomben verfügen über eine variable Sprengkraft von bis zu 45 KT (Modell 3) bzw. bis zu 170 KT (Modell 4). Letzteres entspricht mehr als der 13-fachen Zerstörungskraft der Hiroshima-Bombe.

Unklar ist, wie lange die atomwaffentaugliche Variante des Tornados im Einsatz gehalten werden kann. Das Jagdbombergeschwader 33 in Büchel wurde bereits auf den nicht atomwaffenfähigen »Eurofighter« umgestellt. Allerdings bleiben  atomwaffenfähige Tornados im Einsatz. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag brachte ans Licht, dass auch nach 2020, dem eigentlichen Zeitpunkt der endgültigen Ausmusterung des Tornados, einige Flugzeuge weiter im Dienst bleiben sollen, um Deutschlands Rolle in der nuklearen Teilhabe zu sichern.

Die USA modernisieren im Rahmen eines so genannten Lebensdauer Verlängerungsprogramms (Life Extension Program) auch die in Büchel stationierten Atomwaffen. Die neu konstruierten Bomben vom Typ B61-12 werden dann die modernsten Nuklearwaffen der USA. So soll die Sprengkraft erhöht werden, und die Bomben sollen mit steuerbaren Heckflossen versehen werden. Dadurch könnte der Gefechtskopf zielgenauer zum Einsatz gebracht werden. Nach ursprünglicher Planung sollen die ersten Bomben vom Typ B61-12 ab 2017 einsatzbereit sein, das Programm hat sich um mindestens zwei Jahre verzögert. (Quellen: Rheinzeitung, Oliver Meier, Otfried Nassauer, Rolf Ferch)

Bearbeitungsstand: März 2015

(Quelle: IPPNW, Home | atomwaffenfrei. jetzt C | Atomwaffen A-Z)

Atomwaffen A-Z: Kubakrise

An dieser Stelle informieren wir regelmäßig über Tatsachen und Begriffe aus dem Bereich der weltweiten Bedrohung durch nukleare Waffen.
Heute für die Jüngeren:  Was war Die Kuba-Krise‘ ?
engl.: Cuban missile crisis

Niemals in der Geschichte der Menschheit war die Welt näher am Rande eines nuklearen Krieges als zum Zeitpunkt der Kubakrise vom 16. bis zum 28. Oktober1962. Im Falle einer amerikanischen Invasion wären die sowjetischen Oberbefehlshaber auf Kuba autorisiert gewesen, Atomwaffen einzusetzen. Chruschtschow hatte eigentlich nicht damit gerechnet, eine solche Krise herauf zu beschwören, sondern wollte den Amerikanern etwas „von ihrer eigenen Medizin“ verabreichen: ihn ärgerten die „imperialistische Umkreisung“ der UdSSR, insbesondere die amerikanischen Raketenbasen in der Türkei. Nun sollten auch die USA mit feindlichen Raketen in ihrem Hinterhof leben. Aber es gab auch andere Motivationen. Kuba sollte als sozialistisches Musterbeispiel für ganz Lateinamerika gelten, das natürlich mit allen Mitteln gestärkt und verteidigt werden musste; insbesondere, weil die USA mit ihrem misslungenen Invasionsversuch in der Schweinebucht 1961 – einem Unternehmen, das von CIA-unterstützten Exilkubanern durchgeführt worden war – bewiesen hatte, wie ernst sie es mit Kuba meint. Sowohl Chruschtschow als auch Fidel Castro rechneten fest mit einer weiteren Landung, die allerdings nicht wieder so stümperhaft durchgeführt werden würde. Die Stationierung von Nuklear-Raketen sollte nun jedem Invasionsversuch vorbeugen. Dass sich die Auseinandersetzung so dramatisch verschärfte, lag vielleicht auch daran, dass die amerikanische Regierung völlig überrascht wurde: am 11. September zum Beispiel wurde von der sowjetischen Regierung offiziell versichert, dass keine Atomwaffen für Kuba vorgesehen seien, am 19. September lag sogar ein Bericht des amerikanischen Geheimdienstes vor der besagte, dass Kuba als strategischer Stützpunkt der Sowjetunion nicht in Frage käme. » Weiterlesen

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