Bericht über den Start der Aktionspräsenz in Büchel

In der Woche vom 27. – 31.März 2017 wurde bei der UNO in einer ersten Runde über ein Atomwaffenverbot verhandelt. Im letzten ‚Newsletter‘ wurde bereits darüber berichtet.

Der Kampagnenrat von „Büchel ist überall! atomwaffen abschaffen. jetzt“ hatte deshalb alle Interessierten und engagierten Friedensgruppen am Vortag – dem 26.3. – zu einer „abrüstungspolitischen Matinee“ in die Jugendherberge nach Cochem eingeladen. Es hatten sich etwa 80 Menschen eingefunden, die sich mit den vorgefertigten  Ortsschildern ihrer Städte, mit denen auf das Atomwaffenverbot hingewiesen wurde, auch zu einem Foto  aufstellten.

Die anschließende Podiumsdiskussion wurde eingeleitet durch einen Vortrag von Regina Hagen, die als Redakteurin der Zeitschrift ‚Wissenschaft und Frieden‘ über die Aufrüstung der Atomwaffen und den damit verbundenen gesellschaftspolitischen Gefahren kompetent berichtete. Durch diese Einführung wurde erneut der besondere Stellenwert und die Notwendigkeit der Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot hervorgehoben. Nach dem Vortrag wurden Verständnisfragen geklärt und auf die Dringlichkeit hingewiesen, die Kampagne zu verstärken.

Ursprünglich waren für das Podium Abgeordnete aus dem Bundestag und verschiedenen Landtagen vorgesehen, die mit ihren Statements die inhaltlichen Positionen zu den immer noch in Büchel stationierten Atomwaffen darlegen sollten. Alexander Ulrich (Die Linke) machte seine ablehnende und die Kampagne unterstützende Haltung sehr deutlich, während der lokale (sehr junge) SPD-Bundestagsdirektkandidat Benjamin Zilles keine Ahnung hatte und offensichtlich von der Thematik überfordert war. Immerhin begleitete er die Veranstaltung bis zum Ende und war am Fliegerhorst auch noch dabei.

Um zum 20 km entfernten Fliegerhorst in Büchel zu kommen, gab es genügend Mitfahrgelegenheiten. Am Fliegerhorst wurden wir bereits von der Polizei erwartet. Von Seiten des Militärs waren die Drahtgitter im Vergleich zum letzten Jahr an den Kreisel vorverlagert worden. Die mitgebrachten Transparente, die an diesen befestigt wurden, bemühten sich die Soldaten immer wieder zu entfernen. Nach dem x-ten Versuch gab es wohl die Order, sie hängen zu lassen. Nachdem sich alle aus Cochem eingefunden hatten, waren es mehr als 200 Personen, die sich zu einer imposanten Demonstration angesammelt hatten.
Am Fliegerhorst wurden von mehreren Bürgermeistern aus verschiedenen Städten und Gemeinden der Mayors for Peace-Kommunen – z. B. darunter der Bürgermeister von Düsseldorf, Günter Karen-Jungen (Bündnis 90/Die Grünen) – Grußworte und Solidaritätsbekundungen verlesen. Hannover als Lead-City der Mayors for Peace war leider nicht vertreten. Allerdings besteht die Möglichkeit, für die 2. Verhandlungsrunde der UNO-Arbeitsgruppe im Juli und zum Flaggentag diese Stellungnahme noch einzuholen!?

Bis zum 9. August wird es an diesem Ort weitere Aktivitäten geben. Bereits am Montagmorgen

(27.3.) hatten sich das Jugendnetzwerk „JunepA“ und andere Gruppen zu einer Blockade angekündigt. Für den  17. April ist erneut ein Ostermarsch geplant, im Juni gibt es ein Symposium der Ärztevereinigung gegen Atomwaffen (IPPNW) mit Gästen aus Norwegen, Schweden, den Niederlanden und Schottland. Den Abschluss der Aktionspräsenz bilden die Fastenaktionen rund um die Hiroshima- und Nagasaki-Tag.

Wer sich auf den Weg nach Büchel machen möchte, kann sich über die website www.buechel-atombombenfrei.de informieren, anmelden und aktiv werden. Es lohnt sich immer.

An dieser Stelle möchte ich auf ein anderes, in die Vergessenheit geratenes Datum hinweisen. Vor genau 50 Jahren (1967) wurde der Vertrag von Tlaltelolco in Mexiko von 33 Staaten ratifiziert, in dem Südamerika und die Karibikstaaten zur Atomwaffenfreien Zone erklärt wurde.

Ihre starken Bedenken gegen die mögliche atomare Bewaffnung der Bundeswehr haben deutsche Wissenschaftler bereits 1957 in der „Erklärung der Göttinger 18“  formuliert. (Es waren:  Fritz Bopp, Max Born, Rudolf Fleischmann, Walther Gerlach, Otto Hahn, Otto Haxel, Werner Heisenberg, Hans Kopfermann, Max v. Laue, Heinz Maier-Leibnitz, Josef Mattauch, Friedrich-Adolf Paneth, Wolfgang Paul, Wolfgang Riezler, Fritz Straßmann, Wilhelm Walcher, Carl Friedrich Frhr. v. Weizsäcker und Karl Wirtz)

Damit wird deutlich, dass die Existenz der Atomwaffen ausschließlich eine machtpolitische, militärische Option darstellt, die von den Regierungen politisch gewollt ist, obwohl damit die globale Existenz gefährdet ist.

Hier das Göttinger Manifest im Wortlaut:

Die Pläne einer atomaren Bewaffnung der Bundeswehr erfüllen die unterzeichnenden Atomforscher mit tiefer Sorge. Einige von ihnen haben den zuständigen Bundesministern ihre Bedenken schon vor mehreren Monaten mitgeteilt. Heute ist eine Debatte über diese Frage allgemein geworden. Die Unterzeichnenden fühlen sich daher verpflichtet, öffentlich auf einige Tatsachen hinzuweisen, die alle Fachleute wissen, die aber der Öffentlichkeit noch nicht hinreichend bekannt zu sein scheinen.
1. Taktische Atomwaffen haben die zerstörende Wirkung normaler Atombomben. Als „taktisch“ bezeichnet man sie, um auszudrücken, dass sie nicht nur gegen menschliche Siedlungen, sondern auch gegen Truppen im Erdkampf eingesetzt werden sollen. Jede einzelne taktische Atombombe oder -granate hat eine ähnliche Wirkung wie die erste Atombombe, die Hiroshima zerstört hat. Da die taktischen Atomwaffen heute in großer Zahl vorhanden sind, würde ihre zerstörende Wirkung im Ganzen sehr viel größer sein. Als „klein“ bezeichnet man diese Bomben nur im Vergleich zur Wirkung der inzwischen entwickelten „strategischen“ Bomben, vor allem der Wasserstoffbomben.
2. Für die Entwicklungsmöglichkeit der lebensausrottenden Wirkung der strategischen Atomwaffen ist keine natürliche Grenze bekannt. Heute kann eine taktische Atombombe eine kleinere Stadt zerstören, eine Wasserstoffbombe aber einen Landstrich von der Größe des Ruhrgebietes zeitweilig unbewohnbar machen. Durch Verbreitung von Radioaktivität könnte man mit Wasserstoffbomben die Bevölkerung der Bundesrepublik wahrscheinlich schon heute ausrotten. Wir kennen keine technische Möglichkeit, große Bevölkerungsmengen vor dieser Gefahr sicher zu schützen.
Wir wissen, wie schwer es ist, aus diesen Tatsachen die politischen Konsequenzen zu ziehen. Uns als Nichtpolitikern wird man die Berechtigung dazu abstreiten wollen; unsere Tätigkeit, die der reinen Wissenschaft und ihrer Anwendung gilt und bei der wir viele junge Menschen unserem Gebiet zuführen, belädt uns aber mit einer Verantwortung für die möglichen Folgen dieser Tätigkeit. Deshalb können wir nicht zu allen politischen Fragen schweigen. Wir bekennen uns zur Freiheit, wie sie heute die westliche Welt gegen den Kommunismus vertritt. Wir leugnen nicht, dass die gegenseitige Angst vor den Wasserstoffbomben heute einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt und der Freiheit in einem Teil der Welt leistet. Wir halten aber diese Art, den Frieden und die Freiheit zu sichern, auf die Dauer für unzuverlässig, und wir halten die Gefahr im Falle des Versagens für tödlich. Wir fühlen keine Kompetenz, konkrete Vorschläge für die Politik der Großmächte zu machen. Für ein kleines Land wie die Bundesrepublik glauben wir, dass es sich heute noch am besten schützt und den Weltfrieden noch am ehesten fördert, wenn es ausdrücklich und freiwillig auf den Besitz von Atomwaffen jeder Art verzichtet. Jedenfalls wäre keiner der Unterzeichnenden bereit, sich an der Herstellung, der Erprobung oder dem Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise zu beteiligen. Gleichzeitig betonen wir, dass es äußerst wichtig ist, die friedliche Verwendung der Atomenergie mit allen Mitteln zu fördern, und wir wollen an dieser Aufgabe wie bisher mitwirken.

Fritz Bopp, Max Born, Rudolf Fleischmann, Walther Gerlach, Otto Hahn, Otto Haxel, Werner Heisenberg, Hans Kopfermann, Max v. Laue, Heinz Maier-Leibnitz, Josef Mattauch, Friedrich-Adolf Paneth, Wolfgang Paul, Wolfgang Riezler, Fritz Straßmann, Wilhelm Walcher, Carl Friedrich Frhr. v. Weizsäcker, Karl Wirtz