Begleitprogramm zur Ausstellung „Was damals Recht war …“

im Historischen Museum Hannover
09.12.2009 – 28.02.2010
Dienstag, 08. Dezember 2009, 19.00 Uhr
Ausstellungseröffnung
Begrüßung
Dr. Thomas Schwark, Museumsdirektor
Grußwort und Einführung in die Ausstellung
Dr. Ulrich Baumann???, Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas
Zeitzeugengespräch mit Ludwig Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der Militärjustiz; Moderation: Mechthild Dortmund, Radio Flora
Ort: Historisches Museum Hannover
Dienstag, 15. Dezember, 19.00 Uhr
Vortrag
Der Politiker Hans-Karl Filbinger und der Soldat Walter Gröger. Zwei Lebensläufe
Jacqueline Roussety, Berlin
Hans-Karl Filbinger war als Marinerichter im Zweiten Weltkrieg an der Verhängung mehrerer Todesurteile gegen Deserteure beteiligt. Bei der Exekution des Matrosen Walter Gröger führte er als ranghöchster Offizier das Kommando. Nach dem Krieg wurde Filbinger als CDU-Politiker Ministerpräsident von Baden-Würtemberg. Er rechtfertigte sein Handeln während der Zeit des Nationalsozialismus mit den Worten: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.“ Wegen dieser Aussage musste er von seinem Amt als Ministerpräsident zurücktreten.
Veranstalter: Volkshochschule Hannover, Friedensbüro, DFG-VK Hannover
Ort: Volkshochschule Hannover, Raum 214
Mittwoch, 16. Dezember, 19.30 Uhr
Rosen für den Staatsanwalt, BRD 1959, 99 Min., Regie Wolfgang Staudte
Weil er während des Zweiten Weltkriegs zwei Dosen Fliegerschokolade auf dem Schwarzmarkt gekauft hat, wird der Soldat Kleinschmidt von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt. Durch einen Fliegerangriff entkommt Kleinschmidt der Exekution. Nach Kriegsende kehrt Kleinschmidt in seine Heimatstadt zurück und trifft auf seinen einstigen Ankläger, der mittlerweile als Oberstaatsanwalt Karriere gemacht hat …
Einführender Vortrag von Prof. Dr. Knut Hickethier (Universität Hamburg)
Kriegsgericht – Die Wehrmachtsjustiz im Film (mit Filmausschnitten)
Veranstalter und Ort: Hochhaus Lichtspiele
Dienstag, 12. Januar, 19.00 Uhr
Vortrag
„Zum Heldentod begnadigt?“ Das System der Erziehungs-, Straf- und Bewährungseinheiten der Wehrmacht
Dr. Hans-Peter Klausch, Oldenburg
30.000 Soldaten der Wehrmacht wurden wegen Fahnenflucht, Wehrkraftzersetzung, Selbstverstümmelung etc. zum Tode verurteilt und hingerichtet. Etwa 200.000 Soldaten wurden zur Bewährung in Erziehungslagern, Strafbataillonen und Konzentrationslagern verurteilt und überlebten dies nicht. Auszug aus dem Gnadengesuch des Vaters von Adolf Oppermann, der wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt wurde: „Herr General ist es nicht möglich meinem Sohn Frontbewährung zu gewähren, damit – wenn es der liebe Gott will – er auf dem Felde der Ehre den Heldentod erleidet und somit nicht die ganze Familie mit dem Schandfleck der Unehre das ganze Leben belastet ist.“
Veranstalter: Friedensbüro, DFG-VK Hannover, Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen
Ort: Historisches Museum Hannover
Dienstag, 19. Januar, 19.00 Uhr
Vortrag
Wehrmacht, Gestapo und sowjetische Kriegsgefangene
Dr. des. Rolf Keller, Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten
Im Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion wurden von deutscher Seite das Völkerrecht und kriegsrechtliche Konventionen weitgehend missachtet. Die Wehrmacht verweigerte den sowjetischen Kriegsgefangenen eine Behandlung nach den Grundsätzen der Internationalen Genfer Konvention von 1929. Die Wehrmachtsgerichtsbarkeit wurde für sie als nicht zuständig erklärt: Bei Flucht, Widerstand oder anderen vermeintlichen Vergehen wurden die Gefangenen der Gestapo übergeben und in der Regel in die Konzentrationslager der SS eingeliefert.
Durch gezielte Mordaktionen und infolge unzureichender Versorgung, brutaler Behandlung und harter Arbeit kamen mindestens 2,5 Millionen sowjetische Krieggefangene ums Leben. In der Lüneburger Heide richtete die Wehrmacht 1941 drei große „Russenlager“ ein: Allein in Bergen-Belsen, Fallingbostel-Oerbke und Wietzendorf starben etwa 50 000 sowjetische Kriegsgefangene. Das Schicksal der Gefangenen in diesen Stammlagern und deren Arbeitskommandos in Nordwestdeutschland steht im Mittelpunkt des Vortrags.
Ort: Historisches Museum Hannover
Mittwoch, 27. Januar, 19.00 Uhr
Vortrag
Der Krieg heiligt die Mittel. Die Rolle der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg
Hannes Heer
„Hannes Heer, ehemaliger Leiter der Wehrmachtsausstellung, skizziert in seinem Vortrag, wie die Wehrmacht nach 1933 neben der NSDAP zur „Zweiten Säule“ des NS-Regimes  wurde – zum stabilisierenden Faktor der Diktatur, zur Planerin des neuen Krieges und zur Garantin des Rassegedankens. Er zeichnet nach wie „Hitler’s Army“ bei der Besetzung Polens 1939 den Bruch des Völkerrechts und den Völkermord erprobte. Im „Unternehmen Barbarossa“ ab Juni 1941 demonstrierte sie einen neuen Typ von Krieg, bei dem der Massenmord an Juden und „Slawen“ Teil der militärischen Operationen wurde. Amoralität war Normalität geworden.“
Eine Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag
Veranstalter: Friedensbüro, DFG-VK, Liberale Jüdische Gemeinde Hannover, Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen
Ort: Historisches Museum Hannover
Dienstag, 02. Februar, 19.00 Uhr
Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Joachim Perels (Hannover) und Prof. M. Karl-Heinz Lehmann, Burgdorf
Die juristische Aufarbeitung der NS-Wehrmachtsjustiz nach 1945 in der Bundesrepublik
Ein Kapitel bundesdeutscher Rechtsgeschichte: Während die Kriegsrichter der Wehrmacht nach dem Krieg juristisch nicht zur Verantwortung gezogen wurden, sondern nicht selten Karriere in der Justiz machten, kämpften Deserteure jahrzehntelang vergeblich um ihre Rehabilitierung und wurden als Feiglinge und Verräter diffamiert.
Veranstalter: Friedensbüro, DFG-VK Hannover, Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen
Ort: Historisches Museum Hannover
Dienstag, 09. Februar, 19.00 Uhr
Denkzeichen! – oder: „Wo sind die Deserteure?“
Die Erinnerung an die Opfer der NS-Wehrmachtsjustiz in der deutschen Gedenkkultur
Impulsreferat und Podiumsdiskussion
Die Errichtung von Mahnmalen zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges erfolgte nach Kriegsende schnell und gesellschaftlich konsensfähig. Doch bereits 1953 fragte der spätere Nobelpreisträger Heinrich Böll: „Wo sind die Deserteure?“ Es sollte bis 1981 dauern, bevor in Kasel das erste Denkmal für den unbekannten Deserteur eingeweiht wurde. Erst 2002 wurde die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure durch den Bundestag beschlossen. 2009 ist nun auch die letzte Opfergruppe der damaligen NS-Richter rehabilitiert worden: die so genannten „Kriegsverräter“. Per Gesetz erhielten jene Menschen posthum und pauschal ihre Ehre und Würde zurück.
Über den problematischen Umgang im Gedenken an die Opfer der NS-Wehrmachtsjustiz in der Bundesrepublik Deutschland und ihren heutigen Platz in der Erinnerungskultur diskutieren:
Dr. Norbert Haase, Historiker Dresden
Prof. Ulrich Krempel, Direktor Sprengel Museum Hannover, Jury-Mitglied Denkmal für die Kölner Deserteure
Prof. Rolf Wernstedt, Vorsitzender des Landesverbandes Niedersachsen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Landtagspräsident a. D.
Brunhild Müller-Reiß, AG Denkmal für den unbekannten Deserteur i. d. DFG-VK Hannover
N.N., Referent/in Bundesministerium für Verteidigung
Moderation: Dr. Thomas Schwark, Direktor Historisches Museum Hannover; Dr. Sabine Meschkat-Peters, Stadtarchiv Hannover, Gedenkstättenarbeit
Veranstalter: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., BV Hannover
Dienstag, 16. Februar, 19.00 Uhr
Tod am Hindukusch – Braucht die Bundeswehr eine Militärgerichtsbarkeit?
Die Zukunft der Strafverfolgung deutscher Soldaten im Auslandseinsatz
Podiumsgespräch
Die Beispiele häufen sich: Auch deutsche Soldaten sind an der Tötung afghanischer Zivilisten beteiligt, meist ein tragischer Irrtum oder doch fahrlässige Tötung, gar Totschlag? Die Staatsanwaltschaft in Deutschland ermittelt, weil das deutsche Strafrecht auch für deutsche Truppen im Ausland gilt. Ist die eigentliche Provokation für die Öffentlichkeit die Erkenntnis, dass zur „Normalität“ des Einsatzes auch der Gebrauch der Waffen, das Töten gehört oder irritiert eher, dass gegen die verantwortlich Handelnden Ermittlungsverfahren eingeleitet werden? Nicht immer wird sich fern des Kriegsgeschehens sauber klären lassen, was Notwehr war oder was in Verkennung der Gefahrenlage geschah. Muss das deutsche Strafverfahrensrecht geändert werden, um den veränderten Aufgaben der Bundeswehr Rechnung zu tragen? Die Vorschläge reichen von einer eigenen Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Potsdam, dem Sitz des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr, bis hin zu einer eigenen Militärgerichtsbarkeit. Wäre ein Sonderrecht für Soldaten das Ende des Staatsbürgers in Uniform?
Darüber diskutieren:
Brigitte Schulte, SPD, von 1998 bis 2002 Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung
Prof. Dr. Heike Krieger, Freie Universität Berlin, Richterin am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin
Florian Pfaff, Major, Referent Darmstädter Signal
Christian Sieh, Justiziar, Deutscher Bundeswehr-Verband e.V.
Eckart von Klaeden, CDU, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium; bis Oktober 2009 Außenpolitischer Sprecher der CDU)CSU Bundestagsfraktion (angefragt)
Moderation: Dr. Uwe Day, NDR Hannover
Veranstalter: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., BV Hannover
Dienstag, 23. Februar, 19.00 Uhr
Vortrag
„Der Tod kam immer im Morgengrauen.“
Schicksale hannoverscher Deserteure. Lesung aus Gerichtsakten und Briefen über Deserteure in und aus Hannover
Klaus Falk, DFG/VK Hannover
Auf dem Friedhof Fössefeld in Linden sind mindestens 21 Soldaten begraben, die zumeist wegen Fahnenflucht auf dem Garnisonschießplatz der Wehrmacht in Hannover-Vahrenheide erschossen wurden. Keiner von ihnen kam aus Hannover. Die Gräber hannoverscher Soldaten, die wegen Fahnenflucht exekutiert wurden, sind über ganz Europa verstreut. Der Ort, der heute an ihr Schicksal erinnert, ist das Denkmal für den unbekannten Deserteur auf dem Trammplatz vor dem Neuen Rathaus.
Veranstalter: Friedensbüro, DFG-VK, Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen
Ort: Historisches Museum Hannover